"Übungshang" (1925) von Alfons Walde: Bilder als werbewirksame Kürzel für den Tourismus.

Foto: Kunstverlag Alfons Walde

Kitzbühel - Der Schnee ist schon da. Der Ort wartet noch. Nicht nur, aber auch als Vorbereitung auf die kommenden Temperaturen und als Hommage an Alfons Walde, dessen Todestag sich zum 50. Mal jährt, eröffnet das Museum Kitzbühel die Ausstellung "Vom Schnee/On Snow" . Das Thema scheint zeitlos, doch Ökologie, Ökonomie und die Neuinterpretationen des Naturphänomens in der Kunst verleihen ihm Aktualität.

Die "Schneekompetenz" des Ortes, so Museumsdirektor Wido Sieberer und Kurator Günter Moschig, endet nicht mit dem sich erwärmenden Klima. Forscher erstellen Szenarien, wie sich ein Wintersportort neu positionieren kann und welche Rolle der Schnee spielen wird.

Früher war es einfacher. Walde (1891-1958), an Impressionisten und den Wiener Sezessionisten geschult, machte die Winterlandschaft zu seinem Topos. Für seinen Heimatort Kitzbühel und die Region verkörperte er bald das, was Segantini für das Engadin bedeutet: Seine malerischen Interpretationen der alpinen Landschaft wurden zu Bildmarken, zu werbewirksamen Kürzeln für den Tourismus.

Sieben Bilder von Walde sind der Ankerreiz, an dem die Ausstellungsmacher Arbeiten aller Genres vom Barock bis zur Gegenwart orientieren. Konzentrierte sich Anton Faistenberger in seiner Winterlandschaft (um 1700) auf die reine Darstellung, finden sich in der Gegenwartskunst ironische, verrätselte kritische, wissenschaftliche Zugänge.

Der Schnee von heute ist denn auch vorrangig. Schon der Fotograf Wilhelm Angerer sah in den winterlichen Berghängen Bedeutungsschwangeres. Nun macht Roman Signer auf das Verschwinden des Schnees aufmerksam; für den Japaner Naofumi Maruyama sind Wintersportler schemenhafte Einzelkämpfer zwischen Lift und Wald, für den aus Schottland stammenden, in Düsseldorf unterrichtenden Peter Doig ähnlich austauschbare Figuren. Immerhin, der Snowboard-Pullover fällt noch als Orange Sunshine auf. In den Fotos der Finnin Tiina Itkonens hingegen hängt der White Anorak vor verschneiter Landschaft an weißen Kluppen, daneben verschmilzt ein Schlittenhund farblich mit dem Hintergrund, nur Nase und Augen heben sich ab. Im Video Prayer von Alexander Nikolaev (Taschkent) kämpft ein muslimischer Geistlicher, nach Mekka gerichtet, gegen die waagrecht durch das Bild peitschenden Kristalle an.

w e i s s sind die Buchstaben, die sich in Heinz Geppmayrs früher konzeptueller Arbeit langsam auflösen. Weiß ist die perfekte Addition oder auch Subtraktion aller Farben. Der intelligent gefüllte und gestaltete, zweisprachige Katalog, auf dem weißesten derzeit erhältlichen Papier gedruckt, führt die Diskussion um die ästhetischen und inhaltlichen Dimensionen von Schnee dort fort, wo die Schau aus Platzgründen zu einem Ende kommt. Diese lohnt allemal einen Besuch, abseits - oder anstatt - Hahnenkamm. (Michael Freund, DER STANDARD/Printausgabe, 03.12.2008)