Andreas Bernkop-Schnürch gilt als einer der profiliertesten heimischen Nanowissenschafter.

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Die Anfragen von den Unis in London, Cardiff, Jena und München beantwortete er noch mit einem überzeugten Nein. Die Innsbrucker waren wohl zu beharrlich. Nur zwei Monate, nachdem der Kärntner Andreas Bernkop-Schnürch (42), Sohn eines Apothekers, den Ruf an die Universität der Tiroler Landeshauptstadt ablehnte, "weil mir damals noch einiges im Angebot fehlte" , bot die Uni deutlich bessere Konditionen. Da konnte Bernkop-Schnürch eigentlich nicht mehr ablehnen.

Mittlerweile ist er Professor am Institut für Pharmazie in Innsbruck, Dekan und wurde mehrfach für seine Forschungsarbeit ausgezeichnet: zuletzt mit dem Nano-Award des Infrastrukturministeriums, davor unter anderem mit dem immerhin mit 100.000 Euro dotierten Dr.-Wolfgang-Houska-Preis. Vor allem aber wird er an dritter Stelle der meistzitierten Wissenschafter weltweit in seinem Fach gereiht, was er selbst ohne falsche Bescheidenheit ganz gern erzählt.

"In seinem Fach" heißt Pharmazie, sein Arbeitsbereich sind die Nanowissenschaften. Bernkop-Schnürch ist in mehreren nationalen und internationalen Großprojekten involviert, die das Ziel haben, pharmazeutische Wirkstoffe mithilfe von Mikro- oder Nanopartikeln wirkungsvoller zu machen. Die Stoffe werden in die Teilchen "verpackt" und auf die Reise durch den Körper geschickt.

Selbstverständlich heißt das nicht, dass Bernkop-Schnürch Medikamente mit einem Mini-U-Boot wie im Film "Die Reise ins Ich" durch die Blutbahn jagt. Er versucht die Wirkstoffe so zu bearbeiten, dass sie bestimmte, für die Gesundheit wichtige Grenzen im Körper überwinden - und am Zielort dann zur Geltung kommen.

Das könnte eine medizinische Revolution auslösen: Morbus Alzheimer sollte besser behandelbar sein, wenn Medikamente die sogenannte Blut-Hirn-Schranke überwinden, die im Prinzip sehr sinnvoll ist: Sie verhindert zum Beispiel, dass im Blut zirkulierende Schadstoffe das menschliche Gehirn erreichen.

Tor für gesundheitsschädliche Substanzen

Insulin könnte man erstmals einnehmen, wenn es die "Schranke" Dünndarmschleimhaut überwindet. Schöne Ziele, die allerdings einen Haken haben: Alle durchlässigen Körperschranken könnten auch für Stoffe offen sein, die auf der anderen Seite dieser Grenze nichts verloren haben und damit gesundheitsschädigend sind. "Da braucht es noch viel Entwicklungsarbeit, bis wir wirklich so weit sind." Das Interesse der Pharmabranche ist natürlich groß. Bernkop-Schnürch: "Ein Drittel aller Medikamente kommt nicht auf den Markt, weil diese in ihrer Wirkungsweise eingeschränkt sind."

Berührungsängste mit der Wirtschaft hat er keine. Bernkop-Schnürch, Vater dreier Kinder im Alter von einem, drei und vier Jahren, hat bisher drei Pharmafirmen gegründet: Mucobiomer, Thiomatrix und zuletzt auch Green River Polymers. Die Gründertätigkeit werde gerade an der Universität Innsbruck gefördert. Gibt es da für ihn keine Interessenkonflikte? Nein, sagt er entschieden, wenn die Unabhängigkeit der wissenschaftlichen Arbeit trotz wirtschaftlicher Ziele gesichert bleibe. (Peter Illetschko/DER STANDARD, Printausgabe, 03.12.2008)