Ottawa - In Kanada könnte die Regierung einem Berater von Ministerpräsident Stephen Harper zufolge die Auflösung des Parlaments anstreben. Damit solle verhindert werden, dass drei Oppositionsparteien sich zusammenschließen und eine Koalition bilden, sagte der Berater am Dienstag. Die Beteiligung des separatistischen Bloc Quebecois an der Vereinbarung sei "ein Affront gegen unsere Demokratie (und) unglaublich gefährlich".

Wie die Tageszeitung "Globe and Mail" berichtete, begannen die Konservativen bereits mit einem PR-Feldzug gegen das am Montag präsentierte Oppositionsbündnis, das im Parlament die Mehrheit hat. In einem am Dienstag ausgestrahlten Radiospot wurde dem Chef der Liberalen und Premier-Kandidaten des Dreierbündnisses, Stephane Dion, vorgeworfen, sein Wort gebrochen zu haben. Er habe nämlich vor der Wahl im Oktober versprochen, nie eine Koalition mit der sozialdemokratischen NDP einzugehen. "Aber jetzt paktiert er mit der NDP und arbeitet mit den Separatisten (des Bloc Quebecois, Anm.) zusammen, um diesen Pakt umzusetzen. Er glaubt sogar, dass er die Macht erlangen kann, ohne Sie, den Wähler, zu fragen", heißt es in dem Werbespot. "Hier ist Kanada. Macht muss man sich verdienen, statt sie sich zu nehmen."

Die drei Oppositionsparteien hatten sich am Montag auf die Ablösung der konservativen Minderheitsregierung Harpers geeinigt, nur sieben Wochen nach den jüngsten Wahlen. Damit würde die erste Koalitionsregierung in der modernen Geschichte des Landes geschaffen. Die Koalition sollte von den Liberalen unter ihrem Parteichef Dion geführt werden, die Neuen Demokraten wären Juniorpartner. Der Bloc Quebecois wird der neuen Regierung zwar nicht angehören, hat jedoch seine Unterstützung in wichtigen Abstimmungen zugesagt. Die Partei strebt die Unabhängigkeit der französischsprachigen Provinz Quebec an, erklärte jedoch, dieses Ziel wegen der gegenwärtigen Krise zurückzustellen.

Eine zentrale Rolle bei den Diskussionen über eine Auflösung des Parlaments kommt der Generalgouverneurin Michaelle Jean zu, die als Repräsentantin der britischen Königin Elisabeth II. als Staatsoberhaupt Kanadas fungiert. Jean sagte in Prag, sie werde ihren derzeitigen Europabesuch verkürzen und nach Ottawa zurückkehren, um die Krise zu lösen.

Die Opposition wirft der konservativen Regierung vor, nicht genügend Konjunkturförderung einzuplanen, obwohl die Wirtschaft Kanadas immer mehr unter der weltweiten Wirtschaftskrise leide. Neben den Folgen der Finanzkrise wird in Kanada auch der massive Einsatz von Truppen in Afghanistan heftig diskutiert. (APA/Reuters)