Junge Frauen, die nicht rauchen, gelten als besonders anfällig für die schmerzhaften Krater im Mund - den Grund dafür haben Mediziner noch nicht herausgefunden

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"Jung, weiblich, gebildet und Nichtraucherin". Was sich hier wie eine Kontaktanzeige liest, beschreibt die typische Patientin mit chronisch rezidivierenden Aphthen. Erwin Tschachler, Leiter der Forschungsabteilung für Biologie und Pathobiologie der Haut an der medizinischen Universität in Wien hat die auffälligsten Eigenschaften dieser Risikogruppe kurz zusammengefasst. Die Frage warum gerade diese zu offenen Stellen in der Mundhöhle neigt, ist nach wie vor ungeklärt.

Winzige Krater im Mund

Die Mundaphthe imponiert wie ein Krater nach dem Einschlag eines winzig kleinen Meteoriten. Die Senke ist annähernd kreisförmig und im Durchmesser im Schnitt zwischen zwei und fünf Millimeter groß. Mit leicht aufgewölbtem gerötetem Rand, im Zentrum weißlich belegt, steht sie häufig allein. Selten ist sie in Gruppen auf der Mundschleimhaut oder der Zunge verteilt. Über Jahre plagen sich viele Betroffene damit herum. Zwar heilen die schmerzhaften Läsionen, jedoch lässt die nächste in der Regel nicht lang auf sich warten. Und genauso wenig, wie Klarheit darüber herrscht, warum die oberflächlichen Defekte die Schleimhaut der Frauen präferieren, liegen auch Krankheitsursache und Entstehung im Dunkeln. Den erfolglosen Bemühungen intensiver Forschungen folgend, werden die Aphthen mit dem Attribut 'idiopathisch' (krank mit unbekannter Ursache, Anm.) geschmückt.

Assoziation mit anderen Erkrankungen

"Wenn ein Erwachsener mit seiner ersten Aphthe zum Arzt geht, wird dieser wahrscheinlich eine Reihe von Untersuchungen vornehmen", berichtet Tschachler. Der Grund: Auch Haut- und Systemerkrankungen können sich hinter den Schleimhautulzerationen verbergen. Abstriche, Blut- und Allergietests, sowie Gewebeentnahmen werden gemacht um Herpesinfektionen, Plattenepithelkarzinome oder einen Morbus Behçet, eine generalisierte Form der Gefäßentzündung, auszuschließen. Der diagnostische Aufwand lohnt sich also mitunter, allerdings nur im Erwachsenenalter, denn dann sind die Geschwüre besonders oft mit anderen Erkrankungen assoziiert. Im Kindesalter ist die Erstmanifestation einer „idiopathischen" Aphthe wesentlich häufiger.

Dauer als Unterscheidungsmerkmal

"Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal ist die Dauer mit der die Effloreszenzen auf der Schleimhaut bestehen", erklärt der Wiener Dermatologe. Dem normalen Wundheilungsprozess folgend heilt der klassisch wieder kehrende Substanzdefekt nach spätestens vierzehn Tagen nämlich narbenlos ab. Als Ausdruck einer anderen Erkrankung dagegen, bleibt er meist wesentlich länger bestehen.

Übeltäter Zahnpasta?

In Zusammenhang mit den Quälgeistern im Mund, geben Zahnpasten immer wieder Anlass für hitzige Diskussionen. Dem schäumenden Inhaltsstoff Sodium Lauryl Sulfat wird dabei gelegentlich unterstellt, die Bildung wiederkehrender Aphthen zu begünstigen. "Es gibt Studien, die diese Zusammenhänge widerlegen, aber zweifellos ist der Kontakt mit Zahnpasten bei bestehenden Aphthen schmerzhaft", sagt Tschachler. In einem Punkt sind sich Experten offenbar einig: Die Mundschleimhaut Betroffener ist auffällig irritabel und dem Angriff saurer Getränke, stark gewürzter Speisen, Erkältungen oder Stress widersetzt sie sich kaum.

Salben und Gele helfen

Allgemein hin wird deshalb die Vermeidung dieser auslösenden Faktoren empfohlen. Der Erkrankte geduldet sich derweilen mehr oder weniger hoffnungsfroh, dass diese Strategie über weite Strecken auch hält, was sie vermeintlich verspricht. Kommt die Aphthe trotz aller Versuche das 'Böse' zu meiden, dann helfen lokal betäubende Salben und Gele gegen die Schmerzen. Drastisch beschleunigen lässt sich der Heilungsprozess nicht, weder mit desinfizierenden Mundspülungen noch mit Hilfe cortisonhältiger Lösungen oder Lutschtabletten.

"Die gute Nachricht: ab dem vierten Lebensjahrzehnt kehren die idiopathischen Aphthen immer seltener wieder", ergänzt Tschachler. Im besten Fall, so der Experte, ist der Patient durch eine Spontanremission sogar für immer geheilt. (phr, derStandard.at, 3.12.2008)