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Die europäische Drogenbeobachtungsstelle will ihre Forschungsmethoden zum illegalen Drogengebrauch künftig durch die Abwasseranalyse erweitern

Foto: APA/dpa/Armin Weigel

Lissabon/Wien - In aqua veritas? - Zumindest kann man in Abwässern von Regionen durch immer feiner werdende Analysemethoden roh auch die Rückstände von Arzneimitteln - zum Beispiel der Antibabypille - oder illegalen Drogen nachweisen. Die Europäische Drogenbeobachtungsstelle (EBDD) mit Sitz in Lissabon sieht darin eine "vielversprechende Perspektive der Drogenbeobachtung".

Nachweis von Rückständen im Abwasser

"Hoher Kokain-Konsum in London: Spuren selbst in der Themse". Wasseranalyse: Rhein-Anrainer schnupfen neun Tonnen Kokain". "Mehr Kokain in den Abwässern von Florenz als in London im Jahr". - Solche durchaus boulevardesken Schlagzeilen sorgen seit Jahren immer wieder für Aufmerksamkeit. Zumeist folgt dann auch gleich noch eine "rohe Schätzung" auf die "Tagesdosis" oder gar die "Jahresdosis" der in der Umgebung konsumierten Drogenmengen.

Jetzt hat sich die EBDD in einer Analyse mit dem Thema "Schätzung des Konsums illegaler Drogen durch Abwasseranalyse: Potenzial und Grenzen eines neuen Beobachtungskonzepts" befasst. Es geht darum, ob die Analyse der Rückstände illegaler Drogen sozusagen in Echtzeit Hinweise auf die lokalen Drogenkonsumraten und sich verändernde Tendenzen bieten kann.

Noch am Beginn, aber erfolgsversprechend

Fazit, laut Wolfgang Götz, Direktor der EBDD: "Auch wenn die Arbeit in diesem Bereich noch in den Kinderschuhen steckt und nach wie vor erhebliche Unwägbarkeiten bestehen, scheint dieses Konzept in zunehmendem Maße erfolgversprechend zu sein. Es wird offensichtlich, dass neue Entwicklungen bei unseren Methoden zum Nachweis von Drogen und ihren Metaboliten im Abwasser aller Voraussicht nach im Laufe der Zeit erhebliche Auswirkungen auf unsere Konzepte zur Beobachtung von Drogenkonsumtendenzen haben werden."

2005 begannen Untersuchungen mit Kokain

Diese Methode wurde von Wissenschaftern ursprünglich in den 1990er Jahren angewendet, um die Umweltauswirkungen von flüssigen Haushaltsabfällen einzuschätzen. Rasch erkannte man ihr Potenzial im Bereich der Beobachtung illegaler Drogen, die beziehungsweise deren Metaboliten mit dem Urin ins Abwasser gelangen. Im Jahr 2005 wurde mit Untersuchungen in Bezug auf Kokain begonnen. Seitdem ist dieses Verfahren auch auf andere Drogen wie Opioide, Stimulanzien vom Amphetamin-Typ und Cannabis ausgeweitet worden. Obwohl es möglich ist, Proben sowohl von Abwasser (z. B. unbehandelte Einträge in Kläranlagen) als auch von Oberflächenwasser (z. B. Flüsse, Seen) zu entnehmen, konzentriert man sich derzeit auf die Abwasseranalytik.

"Illegaler Drogenkonsum ist naturgemäß eine Handlung, die heimlich und im Verborgenen stattfindet. Traditionelle Untersuchungsmethoden (wie Umfragen bei der Bevölkerung bzw. Haushaltserhebungen, Anm.) können sich bei der Schätzung der Konsumraten von zumindest einigen Arten illegaler Drogen als unzureichend und ineffizient erweisen. (...) Die Möglichkeit, dass eine neue Technik zur Schätzung des illegalen Drogenkonsums eine Ergänzung zu dem bereits vorhandenen Repertoire von Forschungsmethoden sein könnte, ist daher eine hochinteressante Perspektive"; heißt es in dem Bericht. Allerdings kann das Bild, das sich aus solchen Abwasseruntersuchungen ergibt, nur sehr grob sein. Schließlich sollten auch vereinfachende Darstellungen verhindert werden. Illegaler Drogenkonsum ist zu gefährlich, als dass man ihn bloß via Schlagzeilen über Kokain in Themse, Rhein oder Donau behandelt. (APA)