Essen - Abgang eines Hoffnungsträgers: Arcandor-Chef Thomas Middelhoff räumt den Chefsessel des in schwere Turbulenzen geratenen Touristik- und Handelskonzerns Arcandor. Bereits morgen, Donnerstag, will der Aufsichtsrat des Essener Unternehmens auf einer Sondersitzung den langjährigen Deutsche-Telekom-Finanzvorstand Karl-Gerhard Eick zum Nachfolger Middelhoffs berufen, teilte das Unternehmen am Mittwoch mit. Die Börse begrüßte den Führungswechsel mit einem Kursfeuerwerk. Der Stabwechsel soll allerdings erst am 1. März erfolgen.

Middelhoff, der im Mai 2005 angetreten war um den damaligen KarstadtQuelle-Konzern zu sanieren, hinterlässt seinem Nachfolger ein Unternehmen in der Krise. In den vergangenen zwölf Monaten verlor die Arcandor-Aktie fast 90 Prozent ihres Wertes. Nur noch gut 570 Mio. Euro ist das Unternehmen trotz seiner bekannten Marken wie Karstadt, Quelle oder Thomas Cook an der Börse wert. Vor gut einem Jahr waren es noch mehr als fünf Milliarden.

In den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 2007/2008 verbuchte Arcandor einen Verlust von 375 Mio. Euro. Vor allem die Warenhauskette Karstadt und die Versandhandelstochter Primondo kämpfen mit roten Zahlen.

Sanierungsbemühungen

Dabei hatte Middelhoff bei seinen Sanierungsbemühungen seit Mai 2005 kaum einen Stein auf dem anderen gelassen. Um die erdrückende Schuldenlast des Konzerns abzubauen, verkaufte er die milliardenschweren Immobilien des Konzerns. Er verschenkte die Mehrheit an der tiefrote Zahlen schreibenden Versandhandelstochter Neckermann. Und er trennte sich von großen Teilen des stationären Warenhausgeschäfts: von den Handelsketten Wehmeyer und Sinn-Leffers ebenso wie von den 74 kleineren Karstadt-Warenhäusern, die heute unter dem Namen Hertie firmieren.

Doch Middelhoff kaufte auch zu. Sein wohl größter Coup: Er sicherte dem Konzern die Mehrheit an der lange Zeit zusammen mit der Lufthansa betriebenen Touristiksparte Thomas Cook und brachte sie nach einer Fusion mit dem britischen Rivalen MyTravel an die Londoner Börse. Der Lohn: Das Tochterunternehmen ist heute mehr Wert als der Mutterkonzern und die mit Abstand umsatzstärkste und einzige florierende Sparte des Konzerns.

Doch so viel Middelhoff den Konzern auch umbaute, eine Antwort blieb er bis heute schuldig: ein funktionierendes Konzept für traditionsreichen Warenhäuser des Konzerns. Die wachsenden Verluste der Kaufhausparte überschatteten in den vergangenen Monaten alle Fortschritte in anderen Sparten.

Anhaltende Probleme

Angesichts der anhaltenden Probleme hatte der Manager erst im April seinen Vertrag bis Ende 2009 verlängert. Doch verlor nach Informationen des "Manager-Magazins" Arcandor-Großaktionärin Madeleine Schickedanz angesichts der Kursverluste der Aktie den Glauben an Middelhoff. Arcandor-Aufsichtsratschef Friedrich Carl Janssen habe dann Eick mit der Aussicht auf eine hohe Erfolgsprämie im Falle einer erfolgreichen Sanierung von der Telekom weggelockt, berichtete das Magazin.

Die Ankündigung des Führungswechsel sorgte am Mittwoch für ein Kursfeuerwerk. Zeitweise legte die Aktie um fast 20 Prozent zu, gab dann aber bis zum Nachmittag einen Teil des Gewinns wieder ab.

Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) begrüßt den Wechsel auf dem Chefsessel: Middelhoff Strategie, den Konzern durch die Veräußerung von Vermögenswerten zu sanieren, statt sich auf die Sanierung des operativen Geschäft zu konzentrieren, sei fehlgeschlagen. Der Abgang des Managers sei deshalb eine logische Konsequenz. ( (AP)