Tycho Brahe beobachtet seinen "neuen Stern" im Jahr 1572 (unten). Nun konnte man aufgrund des Lichtechos der Supernova rekonstruieren, was damals geschah.

Foto: MPI für Astronomie
Foto: MPI für Astronomie

London - Als der dänische Astronom Tycho Brahe am Abend des 11. November 1572 den Nachthimmel studierte, machte er eine ungewöhnliche Entdeckung: Im Sternbild Kassiopeia strahlte ein Stern, der noch nie zuvor gesehen worden war, so hell wie die Venus.

Die Beobachtung sorgte nicht nur unter Astronomen für größtes Aufsehen. Sie widersprach nämlich allen bis dahin geltenden Annahmen: Ein Planet konnte es nicht sein, denn der neue Himmelskörper bewegte sich nicht. Der Fixsternhimmel wiederum galt seit Aristoteles als unveränderlich.

Genau diese Ansicht sollte Tycho Brahe mit seiner Schrift De stella nova (also: "Über den neuen Stern") infrage stellen. Er behauptete kühn, das der neue Himmelskörper, der wenige Monate später wieder verblasste, der Fixsternebene angehören müsse. Er widerlegte damit Aristoteles - und wurde damit selbst mit einem Schlag zum berühmten Star-Astronomen.

Wie die Wissenschaft schon seit einiger Zeit weiß, hat Tycho Brahe damit erstmals in Europa eine Supernova beobachtet: die gigantische Explosion eines Sterns am Ende seines Lebens, die den Himmelskörper selbst vernichtet. Beim letzten Aufbäumen des Sterns nimmt seine Leuchtkraft um das Millionen- bis Milliardenfache zu. Er strahlt damit so hell wie eine gesamte Galaxie.

Nicht so genau wusste man bisher allerdings, welcher Kategorie von Supernova jene des Jahres 1572 angehörte. Und: wie sich diese Sternenexplosion im Detail abspielte.

Neueste Beobachtungstechniken machen es möglich, diese Fragen nun mehr als 400 Jahre danach zu beantworten. Ein internationales Team von Astronomen fing nämlich mit verschiedenen Teleskopen das Spektrum des Lichtechos von SN 1572 ein und konnte damit die Supernova rekonstruieren.

Spätes Echo einer Explosion

Ein Lichtecho ist eine zeitlich versetzte Reflexion von Licht an interstellarem Gas und Staub, ganz ähnlich dem Echo des Schalls. Am konkreten Fall von SN 1572, deren Überbleibsel mittlerweile einen Durchmesser von 15 Lichtjahren haben, konnte damit zum ersten Mal gezeigt werden, wie sich eine Supernova in unserer eigenen Galaxie abspielt.

Wie die Forscher in der aktuellen Ausgabe des britischen Wissenschaftsjournals Nature (Bd. 456, S. 617) berichten, war Tycho Brahes Supernova eine "normale" der Kategorie Ia. Das wiederum bedeutet, dass sie auf ein Doppelsternsystem zurückging, das aus einem Weißen Zwerg und einem Roten Riesen bestand. Dabei wird das Gas des Riesen vom Zwerg aufgesaugt, ehe es zur thermonuklearen Reaktion kommt.

Ia-Supernovae sind aus zwei Gründen besonders. Sie stellen die Primärquellen für schwere Elemente dar. Und weil ihre Helligkeit immer gleich groß ist, spielen sie für die Astronomie eine wichtige Rolle als Entfernungsmesser. (Klaus Taschwer/DER STANDARD, Printausgabe, 4.12.2008)