Das ist keine Übung. Obwohl im Lande Frieden herrscht, hirschen seit 1990 im Osten Österreichs Soldaten durchs Grenzgebiet. Grundwehrdiener müssen bis zu sechs Wochen lang mit Feldstecher, Nachtsichtgerät und scharfer Waffe Ausschau nach Subjekten halten, die nicht in pannonische Windschutzgürtel oder ins Augebiet der March passen. Nicht einmal ein Jahr nach dem Fall des Eisernen Vorhangs hatte dieser Assistenzeinsatz des Bundesheeres begonnen, um im Auftrag des Innenministeriums Österreich frei von "illegalen Grenzgängern" zu halten.

Der Polizei war es recht, der Grenzbevölkerung noch viel mehr. Denn so nebenbei sorgten die stationierten Soldaten für eine blühende Wirtshauskultur im Borderline-Gebiet. Fünf Jahre später wurde Österreich Schengen-Mitglied, 1997 fielen schließlich die Grenzbalken zu Deutschland, und die Alpenrepublik musste zum Ausgleich ihre Schengen-Außengrenze so dicht wie möglich machen. Vorhang.

Seit einem Jahr hat der wilde Osten keine Schengen-Grenze mehr. Historisch gesehen ist die Zeit der militärischen Pirsch also längst abgelaufen, dennoch wurde sie im Vorjahr trotz internationaler Ermahnung verlängert.

Erst jetzt - nach den Wahlen - kündigt Verteidigungsminister Norbert Darabos an, die Grenzsoldaten Ende 2009 endlich abrüsten zu lassen. Doch mit seinem Timing hat er Pech: Wenn die EU tatsächlich die "Dublin-Regelung" kippt, müssen Flüchtlinge nicht mehr in dem Land betreut werden, in dem sie erstmals EU-Boden betreten haben, sondern dort, wohin sie es wie auch immer geschafft haben. Wollen wir wetten? Die Soldaten bleiben. (DER STANDARD, Printausgabe, 4.12.2008)