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Die Siedler leisteten vor allem passiven Widerstand, die Rettungsdienste hatten 22 Leichtverletzte zu versorgen.

Foto: Getty/David Silverman

Binnen einer halben Stunde war der Spuk vorbei. Israelische Soldaten schleppten Donnerstagnachmittag rund 100 großteils jugendliche jüdische Siedler ab, die durch eine Hausbesetzung in Hebron die palästinensischen Bewohner der Stadt und die israelischen Behörden provoziert hatten. Die Siedler leisteten vor allem passiven Widerstand, die Rettungsdienste hatten 22 Leichtverletzte zu versorgen.

Nach der Räumung griffen die Siedler in Hebron Palästinenser an, drei Menschen wurden nach Angaben von Augenzeugen durch Schüsse verletzt. Nach palästinensischen Krankenhausangaben wurden 17 Palästinenser verletzt, fünf von ihnen erlitten Schussverletzungen. Die Randalierer zerstörten demnach Olivenhaine, bewarfen Häuser mit Steinen und zündeten mindestens zwei Gebäude und 15 Autos von Palästinensern an. Den Angaben zufolge musste ein palästinensischer Pressefotograf ins Krankenhaus eingeliefert werden, der nach einem Wortwechsel mit einem jüdischen Siedler von israelischen Soldaten verprügelt worden war.

Radikale jüdische Jugendliche zündeten Autos von Palästinensern an, verbrannten Bäume und warfen mit Steinen auf palästinensische Häuser. Ein Siedler feuerte in ein palästinensisches Haus und verletzte drei Menschen. Ein älterer Mann und dessen erwachsener Sohn befinden sich in kritischem Zustand.

"Diese Bande von verwahrlosten Jugendlichen wird sich der Autorität des Staates unterwerfen müssen", hatte Israels Verteidigungsminister Ehud Barak zuvor nach einem gescheiterten Gespräch mit dem Leiter des Rats der Westjordanland-Siedler angekündigt. Wochenlang hatte die israelische Führung vergeblich versucht, die Besetzer zum Abzug zu bewegen. In Jerusalem verursachten Dutzende Sympathisanten der Siedler nach dem Sturm des Hauses ein Verkehrschaos, als sie aus Protest eine Einfallstraße blockierten.

In einer jüdischen Enklave in Hebron leben rund 600 Siedler unter 180.000 Palästinensern. In das viergeschossige Gebäude waren im März 2007 neun jüdische Familien gezogen. Die Siedler behaupten, sie hätten das Haus ordnungsgemäß um fast eine Million Dollar erworben, was vom angeblichen palästinensischen Verkäufer bestritten wird. Israels Oberster Gerichtshof hat verfügt, dass die Siedler nicht in dem Haus wohnen dürfen, solange die Eigentumsfrage nicht geklärt ist. Ein Gerücht, wonach die Räumung bevorstehe, führte am Dienstag zu einer Erhitzung: Dutzende Jugendliche aus umliegenden Siedlungen verschanzten sich im Haus. Dabei kam es zu Steinwurfgefechten mit Palästinensern. Zugleich wurden muslimische Grabsteine geschändet und Hetzparolen gegen den Propheten Mohammed geschmiert.

Der offizielle Siedlerrat distanzierte sich von den Hausbesetzern, versuchte aber durch einen Kompromiss eine Räumung zu verhindern. Barak entschloss sich aber zu handeln. Auch wegen der religiösen Komponente des Konflikts befürchteten israelische und palästinensische Politiker ein Übergreifen des Konfliktes auf andere Punkte des Westjordanlands. Am Abend wurde Hebron zum militärischen Sperrgebiet erklärt. (APA/Ben Segenreich aus Tel Aviv/DER STANDARD, Printausgabe, 5.12.2008)