Michael Köhlmeier.

Foto: ORF/Schafler

Michael Köhlmeier hat gekämpft. Es fällt auch ganz leicht, sich die Gesichter der quotenfixierten Programmverantwortlichen im ORF vorzustellen, die beim Vorschlag, einen Club 2 zum Thema "Homer" zu veranstalten, ganz sicherlich die Augen verdreht haben.
Wen, bitte schön, soll denn ein uralter Dichter interessieren? Ob der Türke war oder nicht? Und warum seine Geschichte, die Ilias nämlich, auch nach 2700 Jahren noch immer so gut ist?

Köhlmeier legt sich ins Zeug. Raoul Schrott hat die "Ilias" neu übersetzt. Neu heißt zeitgemäß, und ansteckend ist seine Euphorie, mit der er von plastischer Kriegsberichterstattung und Helden schwärmt. Die übrigen Gäste - allesamt Altertumsforscher und Altphilologen - sind sonst eher selten am Bildschirm zu sehen. Und schade eigentlich, denn sie verstehen es, Diskussionen mit feiner Klinge zu führen. Schrotts Enthusiasmus wird mit einem leichten Hochziehen der Augenbrauen quittiert, und dann werden die über die Jahre erarbeiteten Fakten präsentiert. Plötzlich geht es um Zorn und Politik, um Europa, Traditionen und Krieg, Frauenfeindlichkeit und gute Storys, die es immer seltener gibt.

Auch das Schriftstellersein ist ein Thema und die Frage, was Genie eigentlich ist. Für den Bruchteil einer Sekunde blitzt die Eitelkeit der Autoren in der Runde durch. Entlarvend. Homer, ein Vorbild? Aber sicher. Vielleicht auch für Skript-Schreiber von TV-Serien, von denen der ORF doch so wenige Gute zur Verfügung hat. Schön, dass Altphilologen horizonterweiternd wirken können und dabei nicht fad sind - für Bildungsbürger zumindest. (pok/DER STANDARD; Printausgabe, 5.12.2008)