Die Museen für Volks- und Völkerkunde erarbeiten ein Konzept für eine gemeinsame Zukunft.

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Wien - Für das Österreichische Volkskundemuseum und deren Direktorin Margot Schindler gibt es dieses Jahr wirklich so etwas wie Weihnachten: Die drohende Gefahr der Delogierung beziehungsweise des Bankrotts ist vorerst abgewandt. Denn die Stadt Wien wird nächstes Jahr die dringenden Maßnahmen zur Sanierung des Gebäudes einleiten. Und verzichtet vorerst auf Regressforderungen.

Wie berichtet, fühlte sich weder die Kommunalpolitik, noch der Bund für das Museum verantwortlich. Der 1895 gegründete Verein muss zwar der Stadt Wien für das ehemalige Palais Schönborn in der Laudongasse, in dem er seit 1917 residiert, keine Miete bezahlen; da die Betriebssubvention des Kulturministeriums aber sehr niedrig war (330.000 Euro im Jahr 2007), hatte man kein Geld, um das Objekt, wie vereinbart, in Schuss zu halten.

Im Frühjahr setzte die Stadt Margot Schindler über "dringende Erhaltungsmaßnahmen" in Kenntnis, die binnen eines Jahres durchgeführt werden müssen, um die Bausubstanz "nicht nachhaltig zu schädigen" . Die Kosten für Dacherneuerung und Kanalsanierung, für die Erneuerungen der Elektroinstallationen und Ausbesserungen an der Fassade würden grob 1,2 Millionen Euro betragen.

Zudem seien in den nächsten fünf Jahren weitere Maßnahmen (Haustechnik, Trockenlegung, Fassaden) im Ausmaß von zwei Millionen Euro notwendig. Sollten diese nicht gesetzt werden, drohe eine Vertragsänderung. Der Verein müsse dann 576.000 Euro Miete pro Jahr zahlen. Was angesichts der Subvention unmöglich ist.

Am Montag fand auf Initiative von Heribert Rahdjian, Bezirksvorsteher der Josefstadt (Grüne), ein Gipfelgespräch statt, das, wie alle versichern, konstruktiv war. Die MA34 wird nun mit der Sanierung des Palais beginnen und mit Regressforderungen zuwarten, bis es eine Entscheidung über die Zukunft des Volkskundemuseums gibt.

Diese sieht seit Mittwoch rosiger aus: Das Kulturministerium, das die Subvention heuer um 100.000 Euro anhob, regt eine gemeinsame Lösung mit dem Museum für Völkerkunde an, das Teil des Kunsthistorischen Museums ist. Beide Institutionen sind aufgerufen, ein Konzept zu erarbeiten. "Alles ist offen, ich bin aber unglaublich guter Dinge" , sagt Margot Schindler.

Sie glaubt nicht, dass ihr Museum (mit Objekten aus allen Ländern der Monarchie) vom Völkerkundemuseum geschluckt werden kann: "Wir müssen zwei gleichwertige Partner sein. Es soll etwas in Europa Einzigartiges entstehen." Die Standortfrage sei gegenwärtig daher nicht beantwortbar. Das Völkerkundemuseum besitzt zwar frisch sanierte Räume in der Neuen Burg, ihm fehlt allerdings das Geld, diese einzurichten.

Dass ein Volkskundemuseum nicht antiquiert sein muss, beweist Schindler mit dem Ausstellungsprogramm. Derzeit sind Weihnachtskrippen aus dem 18. und 19. Jahrhundert zu sehen - als Spiegelbilder vergangener Lebenswelten. Denn deren Schnitzer und Gestalter verlegten die Geschehnisse in Judäa ohne Probleme in das heimische Milieu. Jesu Geburt spielt aber nur eine Nebenrolle: Liebevoll ausgestaltet sind die Fülle an Alltags- und Handwerksszenen. Originale Objekte werden daher den in den Krippen dargestellten Miniaturen gegenübergestellt. Und als Ergänzung zeigt Lorenz Seidler Fotos mit "Momenten urbaner Andacht". (Thomas Trenkler, DER STANDARD - Printausgabe, 5. Dezember 2008)