Man kann Mittelmäßigkeit auch übertreiben, und wenigstens das ist Werner Faymann am Mittwoch gelungen. Nach allem, was von den Absichten der von ihm geleiteten Verwaltung für die nächsten fünf Jahre (allmählich eine unbehagliche Vorstellung!) schon vorher bekannt war, hat niemand erwartet, ihre offizielle Verkündung würde wenigstens die Abgeordneten der Koalitionsparteien zu mehr als müdem Pflichtapplaus hinreißen. Und in der Tat - mehr war es dann auch nicht. Die Melange aus diffusem Inhalt und glanzloser Präsentation bot selbst der Opposition so wenig sachliche Angriffsflächen, dass sie sich in die argumentative Bewirtschaftung dieses Mangels durch Spott flüchten musste: Für sachliche Kritik gab der Vortrag einfach zu wenig her.

Das schlug sich auch in den Medien nieder. Dass eine Regierungserklärung es nur noch in zwei Blättern, Presse und, eh klar, Krone, zum Aufmacher bringt, während die anderen sie auf ihren Titelseiten, wenn überhaupt, gerade noch zur Randnotiz herabstufen, dürfte eine Premiere gewesen sein. Nicht dass der Bundeskanzler das Schriftstück verlesen hat, war das Problem - das hat noch jeder seiner Vorgänger so gehalten -, wenngleich er es mit einer Lustlosigkeit tat, die einen fragen ließ: Warum tut sich dieser Mann das an? Aber noch jeder seiner Vorgänger hat sich auch bemüht, wenigstens jene paar Brocken Minimalrhetorik einzustreuen, die bei rechtzeitigem Heben der Stimme wenigstens die parlamentarischen Adepten der Regierungsparteien ihr Dösen durch ein paar Sekunden Pflichtklatschen unterbrechen ließ. Wer immer für diese Präsentation verantwortlich war, ob Faymann allein oder seine Umgebung, hat jedenfalls demonstriert, dass man es nicht für der Mühe wert hält, ein breiteres Publikum für sich einzunehmen.

Auffällig anders übrigens und sichtlich besser beraten der Vizekanzler. Er strahlte die Lebensfreude dessen aus, dem die Ressortverteilung allen Grund dafür liefert, stellte in lockerer Rede seine Minister und Staatssekretäre vor, nicht ohne süffisant darauf hinzuweisen, wo die wichtigen Entscheidungen fallen: im Finanzministerium, also bei ihm. Dagegen, aber auch angesichts einer erstarkten Opposition wird die SPÖ in den kommenden Auseinandersetzungen schon etwas mehr aufbieten müssen als einen Klubobmann, der mit viel Gefuchtel von der Opposition die Ideen einfordert, die er bei der Regierung nicht vermissen darf.

Wohin es gehen soll, außer zurück in eine sozialpartnerschaftliche Vergangenheit, und wie lange es gehen kann - solche Fragen bleiben nach diesem parlamentarischen Start völlig offen. Die ÖVP ließ unter Hinweis auf angebliche ideologische Unterschiede keinen Zweifel daran, dass sie diese lustlos vorgestellte Koalition nur für eine "der praktischen Vernunft" hält. Von reiner Vernunft ist auch wenig zu merken. Die SPÖ beschwört eine Harmonie, die sie dem Regierungspartner so lange abzunötigen imstande sein wird, als sie den stillen Dritten in dieser Koalition hinter sich weiß, beziehungsweise solange die ÖVP ihn fürchten zu müssen glaubt. Solange das funktioniert: warum sich strapazieren, wenn andere das Weihrauchfass schwingen? (Günther Traxler/DER STANDARD Printausgabe, 5. Dezember 2008)