Bestes Album 2008:
FLYING LOTUS Los Angeles (Warp/Edel) - In diesem Autoren-Techno sind 50 Jahre Soul aufgehoben: Hier wird trefflicher über die Unterdrückung der Schwarzen als in jedem "Netroot"-Forum erzählt. Detroit, Mekka der Abstraktion. Erschütternd und groß!
Beste Newcomer:
THE MISERABLE RICH 12 Ways To Count (Hazelwood) - Bänkelgesänge von Herbstlaubfröschen aus Brighton, die von sich erklären, dass sie "Dead as a Dodo" seien. Mit Streichern unterlegter Kaminfeuerpop ohne jede Behaglichkeit. Große, agrargestützte Kunst.
Bestes aus Österreich:
GUSTAV Verlass Die Stadt (Chicks On Speed / Hoanzl) - Gustavs furchtloser Autorinnen-Laptop-Pop scheut weder den Swing noch die große Weltumarmungsgeste. Achtung, hier werden auch gesellschaftliche Rollenzuschreibungen ganz einfach wegdekonstruiert!
Bester Evergreen:
SPARKS Exotic Creatures Of The Deep (Lil' Beethoven) - Die Mael-Brüder sind gekommen, um sich zu beschweren. Sie führen Minimal-Operetten im Gepäck, die gleißen wie Tin-Pin-Alley-Paläste. Die Frauen bekommen bei ihnen endlich ihr Fett ab: "She Got Me Pregnant".
Bester Held:
MAX MÜLLER Die Nostalgie ist auch nicht mehr das was sie früher einmal war (Hoanzl) - Der Sänger der fantastischen "Mutter" aus Berlin tastet sich als größter Texter Deutschlands durch Nebel, die die Konturen einer "schönen neuen Welt" unbarmherzig verbergen.
Absturz des Jahres 2008:
DENNIS WILSON Pacific Ocean Blue (SonyBMG) - Der jüngere Bruder von Beach Boy Brian Wilson verstand sich in seinen raren lichten Momenten auf das Wellenreiten. Seine neu aufpolierten Solo-Songs ähneln aber eher kaputtgeschossenen Strandhausruinen.
(DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5.12.2008)