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Vorstandschef Takeo Fukui verkündet das Aus für Honda in der Formel 1.

Foto: Getty Images

Tokio/Paris - Takeo Fukui sah aus, als habe er selbst etwas von der bitteren Medizin gekostet, die er am Freitag in Tokio in einer großen Dosis der Formel 1 verabreichte. Der Vorstandschef von Honda verkündete den sofortigen Ausstieg seines Konzerns aus der sogenannten Königsklasse des Motorsports. "Honda muss sein Kerngeschäft und sein langfristiges Bestehen sichern", sagte der 64-Jährige, der seit April 2003 die Geschicke des nach Toyota zweitgrößten japanischen Autoherstellers lenkt.

Honda reagiere damit auf die schwierigen Geschäftsbedingungen, sagte Fukui mit Tränen in den Augen. Tatsächlich sind auch beim weltweit sechstgrößten Hersteller die Verkaufszahlen im Oktober und November eingebrochen - je nach Absatzmarkt um bis zu 21 (Japan) und 28 Prozent (Europa, USA). In dieser Situation ist ein weiteres Investment in die Formel 1 nicht mehr opportun. Pro Saison investierte Honda rund 500 Millionen Dollar in den Rennstall Honda Racing und den Motorenlieferanten Honda Racing Development. Beide stehen nun zum Verkauf. Nach Informationen der BBC um den symbolischen Preis von einem britischen Pfund.

Teamchef Nick Fry will bereits drei seriöse Angebote vorliegen haben. Auch Bernie Ecclestone erklärte, dass es mehrere mögliche Käufer gebe. "Ich denke, dass einige Leute da draußen sind, die großes Interesse gezeigt haben", sagte der Formel-1-Boss. Fry lobt seine Truppe sicherheitshalber überschwänglich: "Dieses Team hat die besten Fähigkeiten, beste Möglichkeiten in der Boxengasse, fantastische Mitarbeiter und ein von Ross Brawn entworfenes Auto."

Fahrer ohne Cockpit

Auf einen neuen Besitzer hofft auch der Brite Jenson Button, der 2006 in Budapest den bis dato letzten Honda-Sieg herausfuhr. Davor warteten die Japaner, die nach einem ersten Ausstieg 1992 seit 2000 wieder mitmischten, 154 Rennen lang auf einen Erfolg. Auch der Brasilianer Bruno Senna, Neffe des legendären Ayrton Senna, sollte die WM 2009 im Honda bestreiten. Fällt der Rennstall aus, wird es eng. Nur Toro Rosso hat seine Fahrer noch nicht genannt.

Nicht ganz so düster sieht es für Alexander Wurz aus, der noch ein Jahr als Testfahrer für Honda wirken sollte. Der Niederösterreicher ist nicht schockiert, "weil halt die Firmen generell krachen wie die Kaisersemmeln". Er selbst habe "jetzt keinen Stress. Für mich war Honda ein sehr schöner Vertrag, jetzt ist es ein Jahr kürzer. Ich habe meinen Peugeot-Vertrag, mit dem ich ja in Le Mans antrete. Da habe ich schon recht viel zu tun." Die Formel 1 sieht der 34-Jährige nicht grundsätzlich gefährdet. "Um den Sport an sich braucht man sich keine Sorgen machen. Da bin ich mir sicher, dass der weiterbesteht und auch gestärkt wird in Zukunft." Freilich seien im "Verhältnis zur Weltwirtschaft" die Ausgaben zu hoch. "Man muss die Gesamtkosten unter Kontrolle bringen."

Gerhard Berger, der seinen 50-Prozent- Anteil an Toro Rosso kürzlich an Dietrich Mateschitz zurückverkauft hat, fürchtet dagegen, dass Hondas Ausstieg nur der Beginn des Ungemachs ist. Der totale Absturz sei nur abzuwenden, "wenn man einmal aufwacht und nicht alle mehr Geld ausgeben, als man einnehmen kann".

Bloß die von Max Mosley, dem Präsidenten des Weltverbandes FIA, forcierte Einführung des Einheitsmotors wird dafür nicht ausreichen. Für den Briten hat Hondas Ausstieg "eine kritische Situation verschlimmert". Mosley bot den Teams wenige Stunden vor der üblen Kunde aus Tokio schriftlich ein von Motorenbauer Cosworth und dem Getriebespezialisten Xtrac entwickeltes Paket an. Die Kosten beliefen sich bei nur vier Teilnehmern auf rund 6,4 Millionen Euro pro Jahr, bei acht Teilnehmern auf nur noch 5,8 Millionen. Bisher seien dafür durchschnittlich zehn Millionen pro Team und Saison ausgegeben worden. Die günstigeren Antriebsstränge und andere Einsparungen bei Chassis oder Testfahrten würden "die unabhängigen Teams in die Lage versetzen, im aktuell schwierigen Wirtschaftsklima zu überleben" und "den Ersatz eines Werksteams erleichtern, falls es weitere Verluste geben sollte".

Den Teams, die Mosleys Angebot ablehnen, blieben nur die Möglichkeiten, den Cosworth-Motor nach zur Verfügung gestellten Plänen nachzubauen oder das eigene Triebwerk auf dem Stand des Einheitsmotors technisch einzufrieren. Die Hersteller hatten sich zuletzt deutlich gegen Einheitsmotoren ausgesprochen, Ferrari und Toyota drohten sogar mit einem Rückzug aus der Formel 1. Den hat Honda jetzt aus ganz anderen Gründen als erstes vollzogen. (APA, sid, lü; DER STANDARD Printausgabe, 6. Dezember 2008)