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Noam Chomsky

Foto: REUTERS/Jamal Saidi

Wien - Am 7. Dezember wird Noam Chomsky 80 Jahre alt. Chomsky ist Linguist an der renommierten Universität MIT (Massachusetts Institute of Technology) und außerdem einer der bekanntesten Querköpfe der USA. Sein politisch-publizistisches Ouevre kann nun in der Anthologie "Die Verantwortlichkeit der Intellektuellen" nach- und quergelesen werden. Auf 462 Seiten wurden in einer Art Rundumschlag Vorträge, Analysen und Essays aus der Zeit zwischen 1966 und 2006 vereint.

Auf Deutsch ist der Sammelband im Münchner Antje-Kunstmann-Verlag erschienen. Chomsky stellt dabei die Intellektuellen selbst an den Pranger, vor allem ihre nicht selten zur Schau getragene Distanzlosigkeit zu Ideologie und Macht sowie den Exponenten der jeweiligen politischen Klasse. Besonders hart geht er aber mit der Politik an sich ins Gericht, konkret mit der Außenwirkung der USA. Sie ist für Chomsky symptomatisch für die "Verkümmerung der amerikanischen Demokratie". Die ganze Welt werde dabei zwangsläufig in die Schranken gewiesen.

Das Buch ist aber kein reines Bashing des scheidenden US-Präsidenten George W. Bush, sondern auch ein historischer Fundus, indem sich behände wühlen lässt. In den Texten aus weiter zurückliegenden Tagen geht es etwa um den Vietnamkrieg, den Watergate-Skandal, die Nahost-Politik der USA, den Kosovo-Krieg oder die Folgen des "11. Septembers" und den Terror-Angriffen von Al-Kaida.

Zensuren

Chomsky zieht Bilanz und verteilt dabei äußerst harte Zensuren: Unter Berufung auf die verheerenden Anschläge auf das World-Trade-Center und andere Ziele habe die Bush-Administration erst ihre imperialen Gelüste so richtig ausleben können. Doch sei auch vorher nicht immer alles eitel Wonne und politisch korrekt gewesen, analysiert er dann und kommt zum drastischen Schluss: Die US-Außenpolitik nach 1945 könne in vieler Hinsicht als kriminell eingestuft werden. Wenn es den Vereinigten Staaten nützlich war, wurden auch grausame Diktaturen unterstützt, die Menschenrechte rückten dann in den Hintergrund.

Sarkasmus

Chomsky beschreibt dies alles sehr spitzfindig, oft kommt auch ein Schuss Sarkasmus dazu. Die USA hätte durchaus Möglichkeiten gehabt, durch soziale und wirtschaftliche Initiativen kommunistische Systeme (früher) sowie islamistische Staaten (heute) und Gesellschaften zu untergraben. Doch versuchte Amerika stets unter Hinweis auf oder Anwendung überlegene(r) Waffenpotenziale ihre Interessen durchzusetzen. Internationale Vereinbarungen waren dabei oft das Papier nicht mehr wert, auf denen sie unterzeichnet worden waren.

In seiner Gesamtheit kommt dem Leser dies nicht unbekannt vor. Dass die USA vor allem unter Bush wenig Skrupel an den Tag legten, wenn es um den Anspruch ihrer Führungsrolle auf der Erdkugel und darüber geht, ist keine besonders innovative Entdeckung. Doch gibt es eine unausgesprochene Botschaft, die hinter dem Buch steht. Chomsky spart nicht mit Kritik an den Mächtigen in den USA, dennoch ist er dort ein etablierter, anerkannter und gefragter Wissenschafter. Ein scharfer Kritiker des Systems, dem er selbst immanent ist. Zumindest die Meinungsfreiheit scheint im Land der unbegrenzten Möglichkeiten einigermaßen gewährleistet zu sein. (Von Edgar Schütz/APA)