Nach monatelangem Tauziehen zwischen der Europäischen Union, der UNO und den Regierungen in Belgrad und Prishtina ist es so weit: Heute, Dienstag, soll Eulex, die größte zivile Mission in der Geschichte der EU, ihre Arbeit im Kosovo aufnehmen.

Eulex habe ihre "operative Fähigkeit" erreicht, erklärte EU-Chefdiplomat Javier Solana. Noch im Laufe dieser Woche sollen seinen Worten zufolge rund 1300 europäische Polizei- und Justizbeamte im Kosovo eingesetzt werden. In den folgenden Monaten soll Eulex die geplante Stärke von 1900 internationalen Mitgliedern und 1100 lokalen Mitarbeitern erreichen.

Eulex wird von der bisherigen UNO-Mission Unmik größtenteils die Verantwortung für die zivile Verwaltung des Kosovo übernehmen und hat weitreichende exekutive Kompetenzen. Ihre Aufgabe ist es, eine multiethnische Polizei und Justiz aufzubauen und die Unterdrückung der serbischen Minderheit im Kosovo zu verhindern.
Den Startschuss für Eulex hatte man sich in Brüssel allerdings ganz anders vorgestellt: Statt auf Jubel, stieß die EU-Mission auf Proteste der albanischen Bevölkerung und scharfe Kritik der Regierung in Prishtina, die sich von der europäischen Administration verraten fühlte.

Unter UN-Schirm

Eulex wird nämlich nicht, wie ursprünglich geplant, das Mandat haben, auf Basis des Ahtisaari-Plans und der kosovarischen Verfassung die Unabhängigkeit des Kosovo aufzubauen. Stattdessen wird die Mission unter UN-Schirm bleiben, "statusneutral" sein und aufgrund der UNO-Resolution 1244 arbeiten, die den Kosovo als einen Bestandteil Serbiens definiert.

Dies sieht der Sechs-Punkte-Plan des UNO-Generalsekräter Ban Ki-moon vor, den der Weltsicherheitsrat einstimmig angenommen hat, nachdem Russland nach Absprache mit Serbien alle anderen Vorschläge blockiert hatte. Nach dem Motto "Besser irgendeine rechtliche Grundlage für die Eulex als gar keine" gaben EU-Staaten und die USA letztendlich nach.

"Vergesst den Sechs-Punkte-Plan, der interessiert uns nicht, der ist tot." Mit diesen Worten wandte sich Regierungschef Hashim Thaçi an die Bürger des Kosovo. Er sei zuversichtlich, dass die Eulex die Verfassung des unabhängigen Kosovo und die Realität akzeptieren werde.

Was Prishtina Sorgen bereitet, ist vor allem eine "De-facto-Teilung" des Kosovo, weil die Unmik in den von Serben bewohnten Gemeinden im Norden bleiben soll. Auf diese Weise würde man die parallelen serbischen Institutionen im Kosovo legalisieren, die die Unabhängigkeit des Kosovo nicht anerkennen, hieß es in Prishtina.

Boykottaufruf der Serben

Obwohl Eulex als "statusneutral" definiert ist, haben die Abgeordneten der serbischen Gemeinden im Nordkosovo zum Boykott der EU-Mission aufgerufen. Eulex könne nicht neutral sein, weil ihre Arbeit größtenteils auf der "illegalen Verfassung" des unabhängigen Kosovo beruhe, lautete die Begründung. Mehr als 70.000 Serben aus dem Kosovo sollen eine Petition gegen Eulex unterzeichnet haben. Trotz des Widerstands der Kosovo-Serben kündigte der Chef der Mission, der französische General Yves de Kermabon, für die erste Phase die Stationierung von rund 100 Mitgliedern der Eulex in serbischen Gemeinden und an der Grenze zu Serbien an. (Andrej Ivanji aus Belgrad/DER STANDARD, Printausgabe, 9.12.2008)