Zu glauben, dass die Finanzmarktturbulenzen nicht auch die Diskussionen um den Klimawandel beeinflussen werden, ist blauäugig. Nächste Woche, wenn EU-Regierungschefs um das Klima- und Energiepaket ringen, wird dies nicht gleich offenbar: Weil es grundvernünftig ist, den Energiekonsum einzuschränken und die Abhängigkeiten von den sibirischen Gasfeldern und den saudischen Ölressourcen zu verringern, wird es zu einem umfangreichen Maßnahmenkatalog kommen. Ziel dieses Katalogs wird sein, den ausufernden Bedarf in der EU künftig einzudämmen und neue, innovative Technologien rund um Energie und Effizienz zu fördern.

Gleichzeitig aber wird nächste Woche im polnischen Poznañ (Posen) nach einem Gerüst für eine Nachfolge des Kioto-Protokolls gesucht. Da geht es darum, dass Länder wie China und Indien, deren Bevölkerung gerade einmal ein bisschen Wohlstand haben schnuppern können, sich bei ihrem Energiekonsum und damit ihren Ausstoß von Treibhausgasen einschränken. Dem Weltklima zuliebe - obwohl noch immer viele Haushalte in diesen Ländern nicht einmal elektrisches Licht haben.
Schon bisher beruhten die Forderungen der Industrieländer, die Schwellen- und Entwicklungsländer beim CO2-Sparen voll in die Pflicht zu nehmen, auf einer wackeligen Argumentation. Angesichts dessen, dass die USA bisher nichts dagegen getan haben und des Weiteren schuld daran sind, dass die Finanzmarktkrise derzeit mit aller Macht über die labileren Wirtschaften der Schwellen- und Entwicklungsländer hinwegschwappt, wäre dies ein Hohn. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6./7./8.12.2008)