Sao Paulo - Führende Menschenrechtsaktivisten der katholischen Kirche und die brasilianischen Sozialbewegungen haben fortdauernde Folter sowie Polizeigewalt gegen die arme Bevölkerung in Brasilien beklagt. Bei der Präsentation des diesjährigen Menschenrechtsreports am Donnerstag in Sao Paulo warfen sie der Regierung von Präsident Luiz Inacio Lula da Silva sowie den Behörden der Teilstaaten vor, permanent gegen Gesetz und Verfassung zu verstoßen.

Der Bürgerrechtler und Jurist Plinio Sampaio sagte, es gehöre heute zur staatlichen Politik, vor allem die dunkelhäutigen Armen zu terrorisieren und einzuschüchtern. Gegenüber diesem Bevölkerungsteil habe der Polizeiapparat seit jeher die Folter praktiziert. Unter der Lula-Regierung habe sich die soziale Ungleichheit außerordentlich verstärkt, so Sampaio. Den offiziellen Versprechen seien auch bei den Menschenrechten keine Taten gefolgt.

Laut Menschenrechtsreport existiert auch die strikt verbotene Sklavenarbeit vor allem im Hinterland immer noch. Der deutsche Industrie-Konzern Thyssen-Krupp, der derzeit an der Küste bei Rio de Janeiro ein Stahlwerk errichtet, wird in dem Bericht ebenfalls heftig kritisiert. Das Milliardenprojekt zerstöre massiv geschützte Umwelt, verletze die Existenzrechte der dort lebenden Fischerfamilien und füge dem Tourismus schweren Schaden zu. Das Unternehmen verletze zahlreiche nationale Gesetze und betrachte brasilianisches Territorium offenbar als Niemandsland, heißt es.

Die Präsentation des Menschenrechtsreports in Brasiliens wichtigster Rechtsfakultät war Teil eines dreitägigen Tribunals, das den brasilianischen Staat wegen verschiedener Menschenrechtsverstöße an den Pranger stellte. Zur Jury zählen neben Plinio Sampaio auch Mitglieder der bischöflichen Kommission für Gerechtigkeit und Frieden.

Präsident im Umfragehoch

Nichtsdestotrotz hat Lula so hohe Umfragewerte wie keiner seiner Vorgänger - trotz Finanzkrise und extremer Armutsprobleme im Land. Nach einer am Freitag veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Datafolha in Sao Paulo beurteilten 70 Prozent (September: 64 Prozent) der Brasilianer laut dpa-Bericht die Leistungen seiner Regierung als "sehr gut" bis "gut". Der 63-jährige Ex-Gewerkschafter verbuche den höchsten Zustimmungswert aller Präsidenten seit Beginn der Demokratisierung Ende der 80er Jahre, hieß es in der Studie. Im fünftgrößten Land der Erde stehen 2010 Präsidentschaftswahlen bevor. Für die Umfrage befragte Datafolha vom 25. bis 28. November 3486 Personen über 16 Jahre. (APA)