Paris - Aufgrund der sich häufenden Kritik und nachdem sich selbst Präsident Nicolas Sarkozy und sein Premierminister Francois Fillon in zwei verschiedenen Affären von ihr distanziert haben, steht die französische Justizministerin Rachida Dati unter immer stärkerem Druck. Fillon betonte am Wochenende, dass er sich dem Vorhaben, minderjährige Kriminelle ab zwölf Jahren in Haftanstalten zu sperren, "vollkommen widersetze", nachdem Dati es als "vernünftig" bezeichnet hatte.

Der Vorschlag ist Teil eines Expertenberichts zur Justizreform, der Dati in den vergangenen Tagen überreicht worden war. Sarkozy hatte sich dagegen von seiner Ministerin in der abgelaufenen Woche distanziert, nachdem der ehemalige Chefredakteur der Tageszeitung "Liberation", Vittorio de Filippis, wegen einer Verleumdungsklage verhaftet und von der Polizei misshandelt worden war. Während Dati das Vorgehen der Polizei als "verfahrensgemäß" verteidigt hatte, forderte Sarkozy einen größeren Respekt der Menschenwürde und setzte eine eigene Expertenkommission ein, die sich mir der Frage befassen soll.

Widerstand gegen Justizreform

Die hochschwangere Ministerin, die als erster französischer Staatsbürger nordafrikanischer Herkunft einen so bedeutenden Posten in Frankreich besetzt, muss auch gegen eine harte Protestfront der Richter und Anwälte kämpfen, die sich der von ihr geplanten Justizreform widersetzen und ihr vorwerfen, "unzulässigen Druck" auf Richter auszuüben. Selbst in ihrem Ministerium ist die 43-Jährige so stark umstritten, dass bereits zwei Dutzend ihrer Mitarbeiter seit ihrem Amtsantritt im Juni 2007 zurückgetreten sind.

Die Pariser Abendzeitung "Le Monde" sprach in ihrer Wochenend-Ausgabe von einem "schwarzen Herbst" für die Justizministerin, die scheinbar nicht mehr zu den Proteges des Präsidenten zählt und bei einer bevorstehenden Regierungsumbildung unter den Betroffenen sein könnte. Darauf weist auch der frontale Angriff hin, den Dati vom sonst eher zurückhaltenden Fillon in der Frage der Haft für Minderjährige erhielt. "Ich bin dagegen, dass man zwölfjährige Kinder ins Gefängnis gibt, und die Regierung hat keineswegs das Vorhaben, das Gesetz in diesem Sinn abzuändern", betonte der Premier. Das Mindestalter für eine Haftstrafe beträgt in Frankreich gegenwärtig 13 Jahre.

Applaus erntete die Stellungnahme des Regierungschefs vonseiten der Richter, die von einer "guten Nachricht" sprachen. "Dies beweist, wie unvernünftig es wäre, Zwölfjährige hinter Gitter zu bringen. Um Frau Datis Worte zu verwenden, müsste man sagen, dass es vernünftig ist, darauf zu verzichten", betonte Catherine Sultan, Präsidentin des französischen Richterverbandes. (APA)