Wasserschildkröten bei der Fortpflanzung.

Foto: Katja Fleischmann

Noch ist Vorsaison und wenig los an den kleineren Stränden Oaxacas. In Pochutla frage ich nach dem Bus nach Mazunte und springe an der nächsten Ecke auf die Ladefläche eines Kleintransporters auf. 40 Minuten später ist Endstation und ich laufe zum Strand, auf der Suche nach einer Unterkunft. Es ist heiß und mein Rucksack wird immer schwerer, barfuß stampfe ich durch den Sand, vorbei an ein paar Restaurants mit wenigen Gästen. Endlich habe ich "meine" Cabaña gefunden, nun muss ich nur noch das Gepäck über die Leiter hinauf heben und dann kann ich mich erst mal in die Hängematte schwingen und kurz ausrasten.

Der Strand von Mazunte Mitte November, ruhige und entspannte Stimmung.

Foto: Katja Fleischmann

Carmelo stellt sich vor

Bambus, Bast und Palmenblätter – ich bin erstaunt wie man daraus ein ganzes Haus bauen kann. Dann laufe ich noch mal zum Strand und spaziere von einem Ende zum anderen, mittlerweile ist es dunkel geworden und ich habe Hunger. So lasse ich mich also an einem der Tische mit Kerzenlicht nieder und schaue in die sternenklare Nacht bis der Kellner und Besitzer kommt und sich erst einmal zu mir an den Tisch setzt und sich vorstellt. Bevor Carmelo mir die Speisekarte überreicht, plaudern wir ein bisschen und dann geht er wieder gemütlich zurück.

Einladung zur Bootsfahrt

Während ich meine "pescadillas" (Tacos mit Fischfülle) genieße, läuft ein junger Mann zweimal an mir vorbei und beim dritten Mal sitzt er plötzlich an meinem Tisch. Adrian kommt aus Mexiko Stadt und verbringt das Wochenende mit Freunden am Strand, um seinen Geburtstag zu feiern. Er lädt mich ein mit ihnen am nächsten Tag einen Ausflug zu einem nahe liegenden Strand zu machen, doch ich habe bereits eine Bootstour gebucht. Müde mache ich mich auf den Weg zurück und der junge Mann lässt es sich nicht nehmen mich bis zu meiner Cabaña zu begleiten.

"Mujeriego" mit variablem Alter

Es ist 21 Uhr und seit drei Stunden dunkel als ich unter das Moskitonetz ins Bett schlüpfe und kurz darauf mit dem sanften Rauschen des Meeres einschlafe. Um sechs Uhr bin ich munter und kurz vor sieben spaziere ich zum Strand, wo bereits unser "Bootsführer" wartet. Juan sitzt unter einem Palmendach mit Blick aufs Meer. Seit neun Jahren kommt er nach Mazunte und bietet Bootstouren an. Eigentlich kommt er aus Mexiko Stadt und hat Jus und Philosophie studiert. Demnächst will er nach London gehen, um seinen Master zu machen. Zumindest bei seinem Alter hat er geschwindelt, denn wie 32 sieht der große und braungebrannte "Mujeriego" (Weiberheld), der sein Hemd stets offen hat und einen Strohhut trägt, nicht mehr aus.

Wasserschildkröten und Wale

Plötzlich kommen Adrian und seine Freunde. Ohne es zu wissen, haben wir den gleichen Ausflug gebucht. Tja, der Strand von Mazunte ist klein. Mit Alessia und Emiliano aus Italien und Nastasia, der rotlockigen Dänin – Juan´s Freundin für dieses Wochenende – ist unsere Gruppe komplett und wir laufen aus auf See.

Ein "Garnelenfänger" fährt über das glitzernde Meer.
Foto: Katja Fleischmann

Die Fahrt übers Meer wird zum Riesenspaß. Wir rauschen über das Wasser, schauen den vorbei fliegenden Vögeln hinterher und werden Augenzeugen des Paarungsverhaltens zweier Wasserschildkröten. Wir springen ins kühle Nass und tauchen unter zum Schnorcheln. Zurück an Bord startet Juan den Motor so richtig durch. Er ist einem Wal auf der Spur und tatsächlich tauchen bald zwei der sanften Riesen neben uns auf und werfen sich mit voller Wucht wieder ins Wasser. Wir sind begeistert.

Plötzlich taucht neben uns ein Wal auf und verschwindet genauso schnell wieder in den Tiefen des Meeres.
Foto: Katja Fleischmann

Tanzen mit "mi amor"

Nach der Tour treffen wir uns alle wieder, um den Fisch, den Juan aus dem Wasser gezogen hat, zu verzehren. Den Rest des Nachmittags verbringe ich am Strand, springe in die Wellen und schlürfe Kokosmilch in Carmelos Bar. Der rundliche Mann mit Schnauzer nennt mich "mi amor" und fragt, ob ich am Abend zur Tanzveranstaltung gehe. Ich nicke und er nimmt mir das Versprechen für einen gemeinsamen Tanz ab.

Gekränkter Stolz

Am Ende des Abends bin ich dann doch zu müde und statt zu tanzen, gehe ich früh ins Bett und lausche der Musik nur noch aus der Ferne. Als ich am nächsten Morgen in Carmelo´s Bar frühstücken gehe, ignoriert er mich und kommt nicht an meinen Tisch. Als ich nach einer Weile zur Theke gehe schaut er mich etwas missmutig an und sagt vorwurfsvoll, er hätte gestern Abend auf mich gewartet. Ich entschuldige mich und erkläre, dass ich einfach zu müde war. Doch das änderte an diesem frühen Morgen auch nichts mehr an seinem gekränkten Stolz.

Während die Frauen eher zurückhaltend und im Hintergrund agieren, macht es den Männern sichtlich Spaß mit den Touristinnen "anzubandeln". Ich bin sicher, dass Carmelo mich vergessen hat, sobald die nächste Dame alleine an einem seiner Tische sitzt und somit genieße ich einfach die letzten Momente am Strand und lasse die Seele baumeln. Die aufsteigende Sonne scheint schräg aufs Meer und das Wasser glitzert, als wären die funkelnden Sterne der letzten Nacht vom Himmel gefallen und würden nun übers Wasser laufen. (Katja Fleischmann)