Im Februar 2006 hatte das Projekt hinter dem freien Musik-Player seine erste offizielle Testversion zum Download gestellt, gut zweieinhalb Jahre später war es nun vor kurzem soweit: Mit Songbird 1.0 hat man die erste als stabil bezeichnete Release der eigenen Software abgeliefert.

Open Source

Songbird nutzt aktiv die Vorteile von freier Software, anstatt die gesamte Code-Basis neu zu "erfinden", kommen erprobte Komponenten aus dem Open-Source-Umfeld zum Einsatz. Im Zentrum stehen dabei wichtige Teile des Mozilla-Projekts, wie sie auch beim Firefox ihren Einsatz finden. Neben der Rendering Engine Gecko ist das vor allem Mozillas XML User Interface Language (XUL) zur Gestaltung der Oberfläche des Programms.

GStreamer

Im Hintergrund werkeln freilich noch andere freie Softwarekomponenten: So setzt man für die Musik-Wiedergabefähigkeiten des Programms mittlerweile auf das GStreamer-Framework, das unter anderem auch beim Linux/Unix-Desktop GNOME verwendet wird.

Grafik: Songbird

Entsprechend umfassend ist die Unterstützung von Musikformaten, wo etwa iTunes in dieser Hinsicht recht spartanisch ausgestattet ist, lässt Songbird kaum etwas aus: Ogg, Flac und Co. - neben den gewohnten MP3s alles kein Problem.

Anbindung

Über einen Trick kann die Software übrigens auch DRM-geschützte Dateien abspielen, zumindest unter Windows und Mac: So bindet man sich an Quicktime bzw. den Windows Media Player an, um die entsprechende Funktionalität zu nutzen. Apropos Plattformunterstützung: Songbird ist von Haus aus für Windows, Linux und Mac OS X erhältlich, inoffizielle Versionen gibt es aber auch für eine Reihe von anderen Betriebssystemen.

Launch

Seinem Ruf als freier iTunes-Ersatz trägt die Software schon beim ersten Start Rechnung: Die entsprechende Musik-Datenbank - samt Bewertungen, Play Counts und gekauften Liedern - kann auf Wunsch übernommen werden. An dieser Stelle wird auch gleich die Installation einige zentraler Add-Ons für den Songbird angeboten, heißt: Wie der Firefox bietet auch der Musik-Player ein eigenes Erweiterungssystem, lässt sich also nach Belieben um zusätzliche Funktionen erweitern.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Das Default-Layout der Software ähnelt dann ebenfalls stark an iTunes, die übliche Drei-Spalten-Einteilung der eigenen Lieder inklusive. Per Add-On lässt sich übrigens sogar eine Cover-Flow-Darstellung nachrüsten.

Layout

Freilich zeigt sich hier aber auch ein der zentralen Stärken der Software: Immerhin lässt sich das Aussehen der Software weitgehend den eigenen Bedürfnissen anpassen. Dies funktioniert nicht nur über das Wegklappen unerwünschter Spalten, es gibt auch eine Fülle von Themes (im Songbird-Sprech: "Feathers"), die die Software im Look anpassen. Mit den dazu passenden Add-Ons für eine alternative visuelle Aufbearbeitung der eigenen Musikbibliothek, lässt sich der eigene Songbird so doch recht deutlich von iTunes differenzieren.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Überhaupt sind die Add-Ons wohl eine der zentralen Stärken von Songbird: Während die Software selbst nur die Kernaufgaben erfüllt, lässt sich mittels Erweiterungen der eigenen Lieblingsplayer zusammenbasteln.

Web

Vor allem die Integration mit dem Web spielt dabei - angesichts der Mozilla-Herkunft wohl eine durchaus natürliche Wahl - eine entscheidende Rolle. Wie dies gehen kann demonstriert etwa mashTape recht eindrucksvoll: So können hier während dem Abspielen zu den jeweiligen MusikerInnen passende Bilder von Flickr oder SmugMug dargestellt werden.

Information

Grundlegende Infos - etwa Biographie oder Album-Liste - bietet die von Haus aus installierte Erweiterung ebenso wie relevante Nachrichten von Google News, Digg und Co. Selbst die "richtigen" Videos von YouTube oder Yahoo Music findet die Software selbsttätig.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Nicht fehlen darf bei Songbird natürlich eine Last.FM-Integration, so dass das eigene Hörverhalten - auf Wunsch - an den Online-Service geschickt wird, samt den gewohnten "Scrobbling"-Features. Ein vollständiger Last.FM-Player ist Songbird damit allerdings noch nicht, so lassen sich etwa noch keine dem eigenen Musikgeschmack angepassten Radio-Streams erstellen. Über eine Erweiterung lassen sich jedoch auf den Last.FM-Daten basierende Empfehlungen anhand des eigenen Hörverhaltens beziehen.

Konzerte

Personalisiert auch die "Concerts"-Ansicht, die darüber informiert, welche der eigenen Lieblings-Bands in nächster Zeit in der eigenen Umgebung auftreten werden. Ein Service, der allerdings derzeit noch etwas daran krankt, dass dies nur für ausgewählte Orte möglich ist. Konkret greift Songbird auf die Informationen von Songkick zurück - wo europäische Veranstaltungsorte bislang halt noch gar nicht vorkommen.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Nicht fehlen darf natürlich auch eine Anbindung an Shoutcast. So eröffnet sich den Songbird-BenutzerInnen die schier endlose Auswahl an Internet-Radio-Stationen, die dort zu finden sind. Wer will kann in den Einstellungen auch festlegen, dass hier nur Stationen mit einer gewissen Mindestanzahl an HörerInnen oder auch eine minimalen Bitrate angeboten werden.

Webseiten

Während die meisten der zuvor angebotenen Funktionen auch von so manchem anderen Player angeboten werden, profitiert der Songbird zusätzlich von dem Umstand, dass man mit Gecko eine eigene Rendering Engine für Web-Inhalte liefert. Artikel über Bands, Blog-Einträge oder auch ganze "normale" Webseiten können also direkt im Songbird angezeigt werden - Tab-Support natürlich inklusive.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Songbird versucht die dort gefunden, relevanten Daten dann aber auch eigens aufzubearbeiten. So werden etwa von einer Webseite angebotene Musikstücke direkt in einer Listenansicht unter der eigentlichen Page dargestellt.

Beispielhaft

Anhand von Skreemr lässt sich der Ablauf dabei ganz gut illustrieren: Auf das Angebot kann direktüber das Suchfenster im Songbird zugegriffen werden, schon bei der Eingabe schlägt die Software aktuell abgespielte Titel vor - so dass sich etwa leicht Remixes der eben gehörten Musik aufspüren lassen. Diese können anschließen direkt angehört oder auch gleich heruntergeladen und in die eigene Musiksammlung aufgenommen werden.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Ein weiteres beliebtes Add-On für den Songbird ist "Lyrics": Damit lassen sich Songtexte entweder lokal oder auch von diversen Webservices beziehen. Wer will kann auch selbst bei der Erweiterung des Angebots helfen und direkt aus der Software heraus selbst transkribierte Textzeilen hinzufügen.

Abgleich

Von einem aktuellen Musikplayer wird - meist - auch erwartet, dass er seine Musikdatenbank automatisch mit externen Geräten abgleichen kann. In dieser Hinsicht kann Songbird mit den meisten iPods und diversen MTP-Playern umgehen, eine genaue Liste findet sich im Projekt-Wiki. Nur so viel: Aktuelle iPhones oder der iPod touch sowie Microsofts Zune finden sich noch nicht unter der supporteten Hardware.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Jenseits all dieser erweiterten Funktionalitäten beherrscht Songbird aber natürlich auch die "Basics", die von einem Musikplayer erwartet werden: Dazu gehören etwa das Anlegen von Playlists oder Smart Playlists - einige der letzteren sind schon von Haus aus eingerichtet, etwa "recently added" oder "most played". Auch eine auf einen schmalen Balken reduzierte Minimal-Ansicht des Players gibt es.

Abwarten

Anderes vermisst man hingegen noch schmerzlich, allen voran die automatische Aktualisierung der eigenen Musikdatenbank, wenn neue Dateien im entsprechenden Unterverzeichnis landen. Auch das Rippen von CDs, den automatisch Bezug von Album-Artwork oder den Online-Metadaten-Abgleich such man derzeit noch vergebens.

Video

Vieles davon steht allerdings auf der Liste der geplanten Features für spätere Versionen der Software. Gleich neben dem anvisierten Ausbau des Songbirds zum vollständigen Media-Player, der dann also auch Videos wiedergeben können soll.

Screenshot: Andreas Proschofsky

So präsentiert sich Songbird 1.0 als durchaus interessante Alternative zu alteingesessenen Lösungen in diesem Bereich. Im Gegensatz zu iTunes bietet man viele zusätzliche Möglichkeiten, auch die diversen Zwangsanbindungen spart man sich glücklicherweise. Andererseits fehlt hier aber auch noch die eine oder andere Funktion, die bei der Konkurrenz schon lange selbstverständlich ist.

Ressourcen

Nicht unbedingt die Zielgruppe von Songbird sind jene, die einen wirklich schlanken Musikplayer suchen, die Integration einer vollständigen Browser-Engine hat halt auch so ihre Konsequenzen in Hinblick auf Speicherverbrauch oder Startgeschwindigkeit. Auch wenn erwähnt werden sollte, dass Songbird hier gerade in den letzten Versionen erhebliche Fortschritte gemacht hat. Auch die Performance - gerade bei der Suchfunktion - wurde massiv gesteigert.

Testweise

Wer sich davon nicht abschrecken lässt, dem kann das Ausprobieren von Songbird 1.0 durchaus ans Herz gelegt werden. Die Software kann kostenlos in Versionen für Windows, Linux und Mac OS X von der Seite des Projekts heruntergeladen werden, dabei stehen 25 verschiedene Sprachvarianten zur Auswahl. Neue Versionen bekommt man infolge übrigens über die integrierte Update-Funktion serviert. (Andreas Proschofsky, derStandard.at, 08.12.2008)

Screenshot: Andreas Proschofsky