New York - Ihre Liebe für durchsichtige Töne entwickelte die amerikanische Künstlerin Helen Frankenthaler schon als Kind: Sie tröpfelte Nagellack ins Spülbecken und beobachtete, wie sich die Farbschlieren langsam im Wasser auflösten. Später, als sie schon dem elitären Kreis von Jackson Pollock, Willem de Kooning, Mark Rothko, Lee Krasner und Franz Kline in New York angehörte, verdünnte sie Ölfarben mit Terpentin und Kerosin bis zur Wässrigkeit und liess sie aus einer Kaffeekanne auf ihre Leinwand sickern. An diesem Freitag (12. Dezember) wird Frankenthaler, die offiziell der zweiten Generation Abstrakter Expressionisten zugeordnet wird, 80 Jahre alt.

In Deutschland machte die junge Malerin 1959 auf der Documenta II in Kassel auf ihre Arbeiten aufmerksam. Bald darauf stellte sie sich mit Ellsworth Kelly und Roy Lichtenstein auch auf der Kunstbiennale in Venedig vor. Manche Kritiker meinten allerdings, dass sie "auf einem Drahtseil wandert zwischen Spontanität und Selbstzweifeln, Improvisation und Nachdenklichkeit, Auflösung und Struktur". Sie selbst amüsierte sich über die Irritation, die ihre Kunst hervorrief: ""Manche Leute sahen meine Bilder als große Malerlappen, als etwas, womit man seinen Pinsel auswischt, statt es zu rahmen."

Clement Greenberg taufte Frankenthalers zarten, lyrischen Stil "Post-Painterly Abstraction". Mit dieser atmosphärischen Malerei gelang es ihr, sich gegen die laute Pop-Art durchzusetzen. Ihre Bilder wurden in den USA, in Europa und Südamerika ausgestellt. Von 1958 bis 1971 war sie mit ihrem nicht minder berühmten Kollegen Robert Motherwell verheiratet, mit dem sie auch nach der Scheidung befreundet blieb. (APA/dpa)