Warschau - Die rechtsliberale Regierungspartei PO (Bürgerplattform) in Polen hat ein Gesetz erarbeitet, wonach die Regierung in Zukunft festlegt, welche Politiker zu internationalen Treffen fahren. Sie will so den Streit, ob auch Präsident Lech Kaczynski ein Recht hat, an EU-Gipfeln teilzunehmen, endgültig für sich entscheiden. Das berichtete am Montag die polnische Tageszeitung "Gazeta Wyborcza", die Einblick in den Gesetzentwurf nehmen konnte.

Laut dem geplanten Kompetenzgesetz vertritt der Premier den Staat auf EU-Gipfeln. Der Präsident dürfte nur ausnahmsweise daran teilnehmen. Der Ministerrat könnte diesbezüglich auf Antrag des Ministerpräsidenten das Staatsoberhaupt zur Beteiligung an Treffen des EU-Rates berechtigen, steht in dem Entwurf zur Novelle.

Position des Regierungschefs gestärkt

Das von den PO-Abgeordneten vorbereitete Gesetz stärkt die Position des Regierungschefs. Die Novelle präzisiert, dass der Premier die offizielle polnische Haltung für EU-Gipfeln ausgibt, wobei das letzte Wort der ganzen Regierung gehöre. Die PO stimmte ihren Gesetzentwurf mit Verfassungsrechtlern ab, die laut PO-Politikern der Meinung sind, dass die Novelle die polnische Verfassung nicht verletzt.

Die mit Präsident Kaczynski verbundene rechtskonservative Oppositionspartei PiS (Recht und Gerechtigkeit) kritisierte die von der PO erarbeiteten Regelungen. "Der PO, die einen Krieg gegen den Präsidenten führt, geht es lediglich darum, Lech Kaczynski aus der Außenpolitik zu eliminieren, und nicht um die Bildung eines Rahmens für die Zusammenarbeit, die ein Kompetenzgesetz beinhalten soll", kommentierte der PiS-Vizechef, Adam Lipinski, das Vorhaben gegenüber der "Gazeta Wyborcza".

Die polnische Verfassung ist im Bereich der Außenpolitik nicht eindeutig, was dazu führte, dass beide Machtzentren ihre Regelungen anders interpretieren. Laut Grundgesetz "leitet die Regierung die Innen- und Außenpolitik der Republik Polen" und "der Präsident der Republik Polen arbeitet im Bereich der Außenpolitik mit dem Vorsitzenden des Ministerrates und dem zuständigen Minister zusammen". Zugleich definiert die Verfassung den Präsidenten als "als Vertreter des Staates in äußeren Beziehungen". Verschiedene Interpretationen führten wiederholt zu einem kuriosen "Kampf um den Sessel" bei vergangenen EU-Gipfeln.

Im Oktober versuchte Premier Donald Tusk bis zuletzt erfolglos, Kaczynski von der Teilnahme am Treffen der Staats- und Regierungschefs abzuhalten. Schließlich nahm Kaczynski an dem Gipfel teil, obwohl er nicht auf der offiziellen Liste der Mitglieder der polnischen Delegation stand.

Im Falle eines fast sicheren Vetos des Präsidenten gegen das Gesetz, hofft die PO es mit Stimmen der linken Oppositionspartei SLD schließlich doch durchzubringen. Kaczynski kann das Gesetz womöglich auch blockieren, indem er es vor dem Verfassungsgericht bekämpft. "Die Richter mögen solche Sachen nicht. Sie sind an keine Termine gebunden und werden wohl monatelang darüber abwägen. Vielleicht sogar bis zum Ende der Amtsperiode des Präsidenten", sagte der Verfassungsrechtler Piotr Winczorek gegenüber der "Gazeta Wyborcza". (APA)