Sechs Kriegsschiffe aus EU-Staaten haben seit Montag den Auftrag, vor dem Horn von Afrika zu kreuzen und für Recht und Ordnung auf hoher See zu sorgen. Die Marineoperation "Atalanta" ist eine Premiere für die noch ziemlich brustschwachen Streitkräfte der Union, unter europäischem Kommando ist eine solche Aktion noch nie gelaufen. Neben vielen offenen Fragen (Ist das nun ein Kampfeinsatz oder nicht? Und was soll mit allenfalls festgesetzten Piraten passieren?) beinhaltet die Operation aber auch eine deutliche politische Antwort: Europa ist bereit, in Krisengebieten weit außerhalb seiner Grenzen militärisch Verantwortung zu übernehmen. Die "Soft Power" will zeigen, dass sie militärische Hardware auffahren lassen kann.

Neben humanitär motivierten Militäreinsätzen im Tschad und womöglich bald auch im Kongo muss Europa seine strategischen Interessen - dazu gehört ein freier Schiffsverkehr durch das Rote Meer zweifellos - mit allen legalen Mitteln schützen. Dass Brüssel das nun selbstständig tun kann, ist ein gutes Zeichen. Denn mehr militärische Glaubwürdigkeit verleiht der EU auch mehr politisches Gewicht in der Welt.

Von der Operation hat übrigens auch das unbeteiligte und noch immer in Neutralitätsfolklore schwelgende Österreich etwas. In einer globalisierten Welt ist grassierende Piraterie ein Problem für alle Handelsnationen; auch Wien hat Interessen am Horn von Afrika. Deren Verteidigung nach Brüssel zu delegieren und die EU gleichzeitig für deren angeblichen Militarismus zu schelten wäre wohl schäbig. Vor allem, wenn österreichische Außenminister in Brüssel solchen Operationen explizit zustimmen. (Christoph Prantner/DER STANDARD, Printausgabe, 9.12.2008)