Anja Plaschg ist Nico, bei "brut" im Künstlerhaus.

Foto: E. Plagsch

Wien - Das Aufeinandertreffen von Hoch- und Popkultur treibt oft wunderliche Blüten. Im Programm des Wiener brut gelingt die Verschränkung von Off-Theater, Popmusik, Lesung oder aktionistischer Party mitunter so gut, dass Nörgler gar meinen: Wien darf nicht Berlin werden.

Auch über Oliver Sturms Inszenierung von Werner Fritschs Monolog Nico - Sphinx aus Eis, die am Samstag Premiere hatte, war im Vorfeld diesbezüglich einiges zu hören. Nicht zuletzt wegen der Besetzung der Titelrolle mit der 18-jährigen Steirerin Anja Plaschg, die als Musikerin unter dem Namen Soap & Skin mit sonorer Stimme, düsteren Pianominiaturen und Knister-Elektronik seit ein, zwei Jahren nicht nur hierzulande für eine Gänsehaut sorgt. Stets von einer verhuschten Aura umgeben, die Entrücktheit suggeriert, ist Plaschg eine Idealbesetzung für Nico. Für Nico, das Model, die Musikerin, ja die Ikone. Crossover-Appeal!

Nun gibt die Biografie der 1938 als Christa Päffgen geborenen Nico einiges an Stoff her: Andy Warhol, wegweisende Alben sowohl mit The Velvet Underground als auch solo, Beziehungen mit Alain Delon oder Jim Morrison - plus ein früher Tod.

Der 2004 erschienene Text von Werner Fritsch versteht den Rückblick auf Nicos Leben als konfuses Zitatengrab. Wie nebenbei beschwört er da beispielsweise die "Schwarze Milch" aus Paul Celans Todesfuge herauf, für Nichtexperten in Sachen Nico ist das kaum zu dekodieren, für den Fan belanglos. Dass Nico mehr war als Junkie oder Muse, Vordenkerin in Sachen Avantgarde-Pop und Gothic beispielsweise, das hat man schon wieder nicht gelernt.

Regisseur Sturm hat den Text neben Plaschg auf fünf weitere Schauspieler verteilt, allen voran Birgit Doll, ebenfalls als Nico. Am rechten Bühnenrand flimmert Andy Warhol aus den Monitoren, am linken bringt Plaschg zwischen den Textpassagen Lieder zu Gehör.

Es ist ihr Verdienst, ebenso wie das der anderen Darsteller, dass sich dennoch ein recht gelungener Abend aus dem wirren Ausgangsmaterial schält. Wobei: Ist es nötig, dass auf der Bühne aufgebracht Sessel zertrümmert und dabei "Motherfucker!" gekreischt wird? (Philipp L'Heritier, DER STANDARD/Printausgabe, 08.12.2008)