Das Bankenpaket wurde rasch durch das Parlament gepeitscht. Als Folge blieben die Bedingungen für die Inanspruchnahme von Staatshilfen und Garantien trotz vehementer Forderungen der Opposition im Gegensatz zu anderen Ländern (Deutschland, England) sowohl im Gesetz als auch in der Verordnung unklar. Zudem lassen viele Kann-Bestimmungen bei der Umsetzung erheblichen Handlungsspielraum. Schon im Verlauf der Gesetzeswerdung entstand daher der Eindruck, dass dieses Paket von "Banken für Banken" gemacht worden ist.

Bis heute ist der Stützungsplan der Erste Bank, die eine Eigenkapital-Spritze in der Höhe von 2,7 Milliarden Euro an Partizipationskapital benötigt, von der Europäischen Kommission nicht genehmigt. Zwei Punkte sind nach wie vor strittig: die Höhe der Verzinsung des staatlichen Kapitals und die Frage der Dividendenausschüttung an Aktionäre. Das österreichische Bankenpaket weicht markant von anderen europäischen Lösungen ab.

Aus der Sicht der Steuerzahler lohnt sich ein Vergleich mit dem englischen Paket. In diesem - von der Kommission bereits genehmigten - Bankenpaket zahlen die Banken zehn Prozent (nach Steuern) pro Jahr für die Vorzugsaktien, die der Staat zeichnet. Im österreichischen Paket sind dagegen nur acht Prozent pro Jahr vorgesehen. Bei insgesamt 15 Milliarden Euro an Staatshilfen ergibt das für die Steuerzahler über die fünfjährige Laufzeit einen Verlust von 2,1 Milliarden Euro. Dabei ist es keineswegs sicher, ob die Zinsen überhaupt gezahlt werden.

Kein Einnahmenprogramm

Denn anders als in England werden Zinsen, die in einem Jahr ausfallen, weil die Bank zum Beispiel keine Dividende zahlt, im folgenden Jahr nicht nachgezahlt. Dadurch können sich die Verluste für die Steuerzahler sogar noch weiter erhöhen. Es ist somit keineswegs ein tolles Einnahmenprogramm für den Staat, wie uns das die Vorstandsdirektoren Treichl (Erste Bank) und Scharinger (Raiffeisenlandesbank OÖ) glauben machen wollen. Wenn es so wäre, dann stellt sich die Frage, warum sich keine privaten Investoren finden, die den Banken jetzt unter die Arme greifen.

Die Antwort ist einfach: Das Vertrauen fehlt, das Risiko ist zu hoch und der Preis zu niedrig. Am "Markt" müsste die Erste Bank mit 15 Prozent Zinsen rechnen. Das Argument, dass die österreichischen Banken sicherer wären als andere europäische Institute, ist falsch. Die sogenannten Credit Default Swap Spreads, die ein Indikator für die Einschätzung des Ausfallsrisikos einer Bank sind, waren und sind für österreichische Banken höher als für viele europäische Großbanken.

Im englischen Bankenpaket sind auch die Entgelte für die Inanspruchnahme von Garantien für Bankanleihen höher als in Österreich. Hier stützt sich Österreich zwar auf eine Empfehlung der Europäischen Zentralbank, dennoch entgehen bei einem Garantievolumen für Bankanleihen von 75 Milliarden Euro den Steuerzahlern über die fünfjährige Laufzeit im Vergleich zum englischen Bankenpaket bei voller Inanspruchnahme weitere 2,1 Milliarden Euro.

Auch andere Beispiele - etwa die ING Bank in den Niederlanden oder die KBC Gruppe in Belgien - belegen, dass das Erste-Bank-Rettungspaket ein viel besserer Deal ist, als ihn andere europäische Banken bekamen. In beiden Fällen sind sowohl die Zinsen für die Banken als auch die Rückzahlungen für die Bank-Aktionäre höher, falls sie den Staat auskaufen wollen.

In Summe fließen so also in Relation zum englischen Bankenpaket mindestens 4,2 Milliarden Euro von den österreichischen Steuerzahlern an die Aktionäre der Banken. Wir haben es in Österreich daher mit der einmaligen Situation zu tun, dass Dividenden an Aktionäre mit Staatshilfe ausgezahlt werden. Gleichzeitig werden die Einkommen unterhalb der Lohnsteuerpflicht - das sind 1130 Euro brutto monatlich - bei der geplanten Steuersenkung 2009 ausgespart. Erneut zeigt damit Molterer, der das Bankenpaket federführend und das neue Regierungsabkommen mitverhandelt hat, welchen Stellenwert Verteilungsgerechtigkeit hat.

Auch EU-rechtswidrig?

Aber damit nicht genug. Das österreichische Bankenpaket dürfte auch verordnungswidrig und EU-rechtswidrig sein. In der Verordnung zum Finanzmarktstabilitätsgesetz ist ein Besserungsrecht vorgesehen. Damit besteht die Möglichkeit, dass die Steuerzahler einen Teil der zukünftigen Aktiengewinne, die sie durch ihr Eingreifen ermöglichen, erhalten können. Aber nach dem vereinbarten Bankendeal kann die jeweilige Bank den Staat mit 100 Prozent der investierten Summe auskaufen (im Falle von KBC und ING sind es 150 Prozent!), d. h. die Republik wird nur dann Aktien der Banken erhalten, wenn der Aktienkurs sehr niedrig ist und in Summe weniger als das Nominale des Partizipationskapitals ausmacht. Es handelt sich also um ein "Schlechterungsrecht".

Der eingangs formulierte Verdacht, es handle sich beim Bankenpaket um ein Paket von "Banken für Banken", bestätigt sich auch in der Umsetzung eindrucksvoll. Molterer hat sich einmal mehr vor den Karren mächtiger Lobbys spannen lassen: Im Frühjahr war es bei der geplanten Rückzahlung von Schenkungssteuer die Stiftungslobby, nun sind es die Banken. Die Steuerzahler können jetzt nur mehr darauf hoffen, dass Brüssel die englische Lösung zur Benchmark erhebt und sich bei weiteren Genehmigungen zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen daran orientiert. (Bruno Rossmann, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 9.12.2008)