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Die IT-Branche ist wichtig für Österreich, aber internationale Anerkennung gibt es wenig. Viele Unternehmen fehlt ein Chef, oder die heimische Niederlassung wandert gleich ab.

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Es vergeht kaum ein Jahr in dem sich Wirtschaftskammer und Politiker nicht über den hervorragenden IT-Standort Österreich ausbreiten. In jedem Jahr wird die Bedeutung der Software-Branche für die lokale Wirtschaft hervor gekehrt. Millionen Umsätze hier und hunderttausende Arbeitsplätze dort, doch sieht man sich die heimische IT-Landschaft an, so werfen sich einige Fragen auf.

Keine Chefs weit und breit

Auffällig ist, dass derzeit gleich mehrere große internationale Player ohne einen dezitierten Geschäftsführer beziehungsweise Geschäftsführerin dastehen. Während Microsoft seit fast einem Jahr auf der Suche nach einem Chef seiner heimischen Niederlassugn ist - Herbert Schweiger hat das Unternehmen mit Jahresende 2008 verlassen, hat Sun erst seit Kurzem ein "GeschäftsführerInnen-loses Leben". Sabine Fleischmann hat nach zwei Jahren bei Sun den Sessel geräumt.  Sowohl Microsoft wie auch Sun werden derzeit von der Schweiz aus mitbetreut; Microsoft durch Peter Waser und Sun durch Andreas Knöpfli.

Änderungen im kommenden Jahr

Sowohl von Seiten Microsofts als auch von Sun wird betont, das sim kommenden Jahr die Entscheidungen fallen sollen und neue GeschäftsführerInnen kommen werden. Auch bei Tele2 ist derzeit ein Interims-Management am Ruder. Im Oktober hat Robert Hackl das Unternehmen verlassen, um sich im IT-Bereich selbständig zu machen. Interimistisch leitet seither Henrik Ringmar, CEO von Tele2 Niederlande, das Unternehmen.

Das Geschäft lief gut, nun sind wir weg

Eine interessante Entwicklung ist ebenso seit einiger Zeit zu bewundern: das Phänomen des "Wir sind erfolgreich, deshalb ziehen wir uns aus dem Markt zurück". Sowohl Novell, wie auch eBay Österreich dürften vom erfolgreichen Geschäft so beeindruckt gewesen sein, dass die Schließung des heimischen Standortes die einzige Konsequenz gewesen zu sein scheint.  Bei eBay hieß es, dass das Internet-Auktionshaus weltweit rund zehn Prozent der Stellen streichen werde, davon seien auch die 12 MitarbeiterInnen von eBay Österreich betroffen. Laut eBay-Österreich-Sprecherin Ursula Mayer sind die Stellenstreichungen das Ergebnis veränderter Rahmenbedingungen im E-Commerce-Geschäft. "Die Konzernentscheidung hat nichts mit dem Österreich-Geschäft von eBay zu tun", so Mayer. Der Ableger eBay.at sei einer der profitabelsten in Europa. Das Österreich-Büro werde zu Jahresbeginn 2009 geschlossen. Der Österreich-Markt werde - wie andere auch - künftig von einer regionalen Organisation betreut.

Partnervertrieb

Auch der Linux-Distributor Novell kündigte an wie gut das Geschäft mit Linux laufen würde, um wenig später seine österreichische Niederlassung zu schließen. Man werde den Partnervertrieb in Österreich ausbauen, so eine offizielle Mitteilung. Der Hardwarespezialist PC-Ware soll eine führende Rolle bei der Entwicklung des Neugeschäfts spielen. Die Vereinbarung ist eine Weiterführung der weltweiten Strategie von Novell, den Vertrieb der eigenen Produkte zunehmend über den Partnerkanal zu steuern. "Das sind gute Nachrichten für unsere Kunden in Österreich. PC-Ware ist seit Jahren ein verlässlicher Partner für uns. Die erweiterte Kooperation mit PC-Ware fügt sich in die bestehende Partnerlandschaft ein", erklärt Jürgen Müller, Area General Manager Novell Central Europe. Die Partnerschaft sei eine Ergänzung und Stärkung der vorhandenen Strukturen von Novell in Österreich und habe keinerlei Auswirkungen auf existierende Channel-Partner von Novell, berichtet die Computerwelt.

Kleiner Markt - zu klein?

Die unruhigen wirtschaftlichen Zeiten wurden in diesem Zusammenhang nicht als Grund für die Schließungen der heimischen Niederlassungen genannt. Auch die "Mitbetreuung" durch GeschäftsführerInnen anderer Länder wurde stets nur als eine "interimistische Lösung" bezeichnet. Dennoch scheint die Wirtschaftslage derzeit keine wirklich erfreulichen Nachrichten für Österreich zu bringen. Warum sollte ein so kleiner Markt, der noch dazu sehr stark auf Klein- und Mittelunternehmen baut, und daher nicht leicht in das Portfolio der internationalen Konzerne passt, gestärkt werden? Die Ergebnisse seien nicht rückläufig, im Vergleich zu Deutschland sogar oft besser, aber der Markt an sich klein - vielleicht zu klein.

Das Thema mit Mitbetreuung

Nicht nur auf Management-Ebene kommt das "Mitbetreuen" heimischer Niederlassungen wieder in Mode. Auch bei den KundInnen oder im PR-Bereich finden sich zahlreiche Beispiele für erfolgreiches Auslagern - meist nach Deutschland. So hat etwa der Mobilfunkprovider "3" sein Callcenter in Deutschland. Sony Computer Entertainment wird, wenn auch mit österreichischer PR-Verantwortlicher, aus Deutschland gelenkt. Viele andere Unternehmen haben überhaupt keine MitarbeiterInnen vor Ort, sondern lassen Österreich auch hier aus Deutschland oder der Schweiz mitbetreuen.

Fachkräfte und deren Mangel

Der Mangel an Fachkräften ist europaweit ein großes Thema. Österreich hat hier mit mehreren Problemen zu kämpfen: zum einen haben sowohl die IT-Unternehmen, wie auch die Politik, zu spät auf die Entwicklungen reagiert. Oft wurden spezielle Lehrlingsausbildungen oder Weiterbildungen angekündigt, doch meist blieb es bei der Ankündigung. Microsoft gab erst kürzlich den Start seines Innovation Centers bekannt und will in drei Jahren 1000 qualifizierte Fachkräfte für den heimischen Markt schaffen. Oft wurden auch "Initiativen für Frauen in der IT" angedacht, nur über das Denkstadium ist man auch hier nicht herausgekommen. Der ehemalige Osten hat sich auch nicht als "Fachkräfte-Paradies" erwiesen. Es finden sich zwar zahlreiche qualifizierte Mitarbeiter, aber diese bleiben im eigenen Land und sehen Österreich nicht als Wunschland Nummer Eins an.

Keine Frage der Qualität

Ob es für Unternehmen wichtig ist, MitarbeiterInnen oder Pressereferenten vor Ort zu haben, darüber scheiden sich die Geister. Qualität wird durchaus geboten, von KritikerInnen wird hier jedoch oft, die Unkenntnis des heimischen Marktes als zentraler Punkt angeführt. Interessant ist jedoch, dass sich in den letzten Jahren ein Hin und Her beobachten lässt. War Österreich vor Jahren schon eine "mitbetreute Region", wurden später eigene Niederlassungen oder Büros gegründet. Diese wanderten nach einigen Jahren jedoch meist wieder ab. Man darf also gespannt sein, ob es wieder einen Gegentrend in den kommenden Jahren geben wird.(grex)