Innsbruck - Die Innsbrucker Gerichtsmedizin hat vier Opfer der Militärdiktatur des chilenischen Diktators Augusto Pinochet identifiziert. "Insgesamt haben wir 47 von 49 Knochenteilen 13 unterschiedlichen Personen zuordnen können", erklärte Univ.-Prof. Martin Steinlechner, Leiter der Forensischen Genetik und Spurensuche, am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Innsbruck. Das Untersuchungsmaterial stammte von einem Militärgelände 20 Kilometer nördlich der chilenischen Hauptstadt Santiago.

Von vier Toten konnte die Identität festgestellt werden. Das DNA-Material der übrigen neun Personen habe aber bisher keiner der Erbinformationen aus dem Vergleichsmaterial, das die Innsbrucker Gerichtsmedizin bisher erhalten hat, zugeordnet werden können. Zudem habe von zwei Knochenteilen überhaupt kein verwertbares Material extrahiert werden können. "Jetzt haben wir aber zusätzliche Referenzproben aus Chile erhalten, um eventuell eine weitere Identifikation der restlichen neun Personen zu erreichen", meinte Steinlechner.

Material in schlechtem Zustand

Die Analysen seien mit den gleichen Methoden durchgeführt worden, wie bei der Identifikation der Opfer des Tsunamis vom Dezember 2004, mit der die Innsbrucker Gerichtsmedizin zum Teil beauftragt worden war. "Knochen- und Referenzproben wurden typisiert und über spezielle Abgleichungen wurden familiäre Verbindungen überprüft", erläuterte der Untersuchungsleiter. Das Material sei aber aufgrund des Säure- und Feuchtigkeitsgehalts in dem gefundenen Grab in einem schlechten Zustand gewesen. Die Proben seien zudem rund 35 Jahre alt gewesen.

"Wir vermuten, dass es sich bei den Opfern um 30 Berater des ehemaligen Präsidenten Salvador Allende handelt, die vermutlich am ersten Putschtag im September 1973 verschwunden sind", sagte Udo Krenzer, leitender Anthropologe des Untersuchungsteams in Santiago. Von insgesamt 3.195 verschwundenen Personen würden nach wie vor von 1.357 Opfern jegliche Spuren fehlen. "Die chilenischen Behörden sind daher bemüht, mit den international renommiertesten Labors zusammenarbeiten", betonte Krenzer. Die Gerichtsmedizin Innsbruck sei mit den Fällen mit den schwierigsten Voraussetzungen betraut worden.

Folgeaufträge

Die Untersuchungen an den mutmaßlichen Pinochet-Opfern seien aus Sicht der chilenischen Behörden so erfolgreich durchgeführt worden, dass die Gerichtsmedizin bereits Folgeaufträge erhalten habe. "Wir haben bereits wieder 60 Proben aus einem weiteren Massengrab und Proben von vier weiteren Fundstellen erhalten, die wir jetzt hier in Innsbruck analysieren", erläuterte Direktor Univ.-Prof. Richard Scheithauer. Die Gerichtsmedizin Innsbruck habe eine große Erfahrung auf dem Gebiet von witterungsbedingt veränderter DNA aufzuweisen. "Aufgrund unserer geografischen Situation haben wir es hin und wieder mit Fällen zu tun, bei denen Leichen von Bergunfällen erst nach Jahren vom Eis wieder freigegeben werden", erklärte Scheithauer.

Vor kurzem waren die DNA-Analysen der sterblichen Überreste von zwei möglichen Kindern des russischen Zaren Nikolaus II. und jener von fünf weiteren Familienmitgliedern an der Innsbrucker Gerichtsmedizin abgeschlossen worden. In der der Vergangenheit hatte das Institut unter anderem die Identität von Reinhold Messners 1970 am Nanga Parbat verunglückten Bruders Günther festgestellt sowie die DNA-Analysen von ausländischen Tsunami-Opfern zu 100 Prozent erfolgreich abgeschlossen. (APA)