Höchste Zeit für eine Reform der Pensionskassen befinden die Seniorenrat-Präsidenten Andreas Khol (links) und Karl Blecha.

Foto: Matthias Cremer

Wien - Sofortmaßnahmen für die vor weiteren drastischen Kürzungen stehenden Bezieher von Firmenrenten aus Pensionskassen und eine grundsätzliche Reform des Pensionskassensystems fordert der Seniorenrat von der neuen Regierung.

"Es muss sich etwas am gesamten System ändern", erklärte Karl Blecha, Präsident des Pensionistenverbandes und des Seniorenrates.

Der überparteiliche Dachverband der großen Pensionisten- und Seniorenorganisationen stellt sich als Sofortmaßnahme für die rund 50.000 betroffenen Pensionisten die Einrichtung eines "Notstandsfonds" vor, der aus Staatsmitteln gespeist werden soll, sagte Seniorenbund-Obmann und Seniorenrat-Präsident Andreas Khol.

Konkret schlägt der Seniorenrat ein Modell vor, bei dem zukünftige Steuern auf die Pensionskassen-Renten abgezinst und von den Pensionisten - freiwillig - vorab bezahlt würden. Dieses Geld soll dann in einen Fonds eingebracht werden. Die vorab bezahlten Steuern könnten zwischen 300 und 400 Millionen Euro ausmachen, erklärte ein Seniorenrat-Experte im Gespräch mit dem Standard. Gleichzeitig müsse das Pensionskassenkapital mit dem Stand vom 31. Dezember 2007 eingefroren und mit den Rechnungszinsen der jeweiligen Veranlagungs- und Risikogemeinschaften verzinst werden. Die Zinsen für den Differenzbetrag aus dem Kapitalbestand per Ende 2007 und dem aktuellen Wert (der Schutzverband der Pensionskassenberechtigten Pekabe schätzt, dass allein 2008 etwa 15 Prozent des Pensionskassenkapitals vernichtet wurden) würden aus dem Fonds gezahlt. Der Seniorenrat-Experte rechnet dabei mit einem Zinsaufwand von etwa 30 Millionen Euro jährlich.

Damit würden die Bezieher von Firmenrenten 2009 zumindest keine weiteren Pensionskürzungen hinnehmen müssen, die zukünftigen Renten wären steuerfrei. Eine Valorisierung der Pensionen würde bei diesem Modell aber weiterhin entfallen, so der Experte. Die Pensionskassen haben zum dritten Quartal 2008 einen Veranlagungsverlust von mehr als acht Prozent ausgewiesen und den Firmenrentnern für 2009 bereits Kürzungen von bis zu 23 Prozent avisiert.

Blecha hofft, dass es für die Akuthilfe noch vor Weihnachten "ein erstes Signal gibt, dass das in Angriff genommen wird". Morgen Donnerstag, gebe es dazu bereits ein Treffen mit den drei größten Pensionskassen, der VBV, ÖPAG und APK.

Neben den Sofortmaßnahmen sei das Pensionskassenmodell aber in einem längeren Prozess auch "an Haupt und Gliedern" zu reformieren, sagte Khol. "Die Irrtümer bei der Begründung des Systems sind zu reparieren". Der Seniorenrat fordere die Wiedereinführung eines Wertsicherungssystems, "damit das Ganze nicht nach einem Glücksspielsystem abläuft", und geringere Verwaltungsgebühren bei den Pensionskassen, so Khol.

Zukunftsvorsorge

Auch bei der staatlich geförderten Zukunftsvorsorge soll es auf Wunsch der Versicherungswirtschaft zu Änderungen kommen. Dabei soll der Aktienanteil bei der Zukunftsvorsorge nicht mehr mit 40 Prozent, sondern in einer Bandbreite von 20 bis 40 Prozent festgelegt werden. Eine entsprechende Novelle des Einkommenssteuergesetzes wurde am Dienstag im Finanzausschuss im Parlament verhandelt, aber noch nicht entschieden. Ein Beschluss wird nun im Jänner angestrebt.

Keine Änderung ist laut dem Vorsitzenden des Finanzausschusses, ÖVP-Mandatar Günter Stummvoll, bei der Bestimmung geplant, die de facto eine Aktienveranlagung der 2003 eingeführten Zukunftsvorsorge an der Wiener Börse vorsieht. (Gabriele Kolar, DER STANDARD, Printausgabe, 10.12.2008)