Wien - Der Obmann der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK), Franz Bittner, schlägt Alarm: Erst 2010 zusätzliche Mittel für die Kassen zur Verfügung zu stellen - wie das Finanzminister Josef Pröll (VP) angekündigt hatte - sei zu spät. "Wir brauchen schon 2009 frisches Geld, damit die Schulden nicht weiter steigen", sagte Bittner am Dienstag zum Standard. Die Halbierung der Mehrwertsteuer auf Medikamente bedeute für seine Kasse zwar Minderausgaben von 35 bis 40 Millionen Euro im Jahr, am Gesamtproblem ändere sich aber nur wenig.

Schließlich habe die WGKK bereits über 600 Millionen Euro Schulden und dürfe laut Vorstandsbeschluss nicht mehr als 617 Millionen Euro in der Kreide stehen. Bittner: "Niemand kann erwarten, dass der Vorstand die persönliche Haftung für Schulden darüber hinaus übernimmt." Sein Vorschlag lautet daher: Die Regierung solle für alle gesetzlichen Leistungen der Kassen die Haftung übernehmen. Ein Gutachten bestätige, dass der Bund diese Verantwortung zu übernehmen habe.

Mit dem neuen Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) habe er diesbezüglich schon Kontakt aufgenommen, sagte Bittner. Nur wenn die Haftungsfrage geklärt sei, könne man das Bereitstellen zusätzlicher Gelder auf 2010 verschieben. Aber: Ökonomisch sinnvoller sei es, nicht weitere Schulden zu machen, meinte Bittner.

Zu bedenken sei auch, dass die voraussichtlich steigende Arbeitslosenrate in den aktuellen Defizitprognosen noch gar nicht eingerechnet sei. "Die Prognosen werden mit Sicherheit nicht halten."

Eines der Hauptprobleme der Kassen sind die explodierenden Medikamentenkosten. Der Rechnungshof hat diese Entwicklung am Dienstag neuerlich kritisiert. Bis 2010 wollen Pharmaindustrie und Großhandel einen freiwilligen Beitrag von 180 Millionen leisten. Weitere Maßnahmen wären laut Bittner also erst ab 2011 möglich. (go/DER STANDARD-Printausgabe, 10. Dezember 2008)