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Susanne Winters und Peter Westenthalers Immunität wurde aufgehoben.

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Die neue Regierung traf sich heute zum zweiten Mal im Nationalrat.

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Wien - Die zweite Sitzung des erneuerten Nationalrats am Mittwoch (es ist aber schon die achte Sitzung der 24. Legislaturperiode) war - wie immer am Anfang einer Gesetzgebungsperiode - gut besucht. Für Beamte wurde eine Gehalterhöhung von 3,55 Prozent beschlossen, Bundeskanzler Werner Faymann beschwor "Optimismus als neue Kraft". Als letzten Tagesordnungspunkt vor der Weihnachtspause hat das Hohe Haus die Immunität der Abgeordneten Susanne Winter (FPÖ) und Peter Westenthaler (BZÖ) aufgehoben.

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Der Nationalrat fasste heute seine ersten Beschlüsse seit der Angelobung der neuen Regierung. Unter anderem ging es um die Dienstrechtsnovelle 2008, mit der das Beamten-Dienstrecht modernisiert wird. Gemäß den Erläuterungen soll "die vorliegende Novelle zur Steigerung der Effizienz des öffentlichen Dienstes und damit zur Sicherung der Qualität des Wirtschaftsstandorts Österreich" beitragen. Die Opposition stimmte gegen die Novelle, die Regierung dafür. Außerdem wurde die Erhöhung der Beamtengehälter um 3,55 Prozent abgesegnet.

Den Beginn der Sitzung bestimmte der bevorstehende EU-Gipfel von Brüssel. Die SPÖ hat als Thema für die Aktuelle Stunde "Finanzkrise, Konjunkturentwicklung, Energie- und Klimapolitik in der EU - die Position der österreichischen Bundesregierung" gewählt. "Optimismus als neue Kraft" beschwor in diesem Zusammenhang Bundeskanzler Werner Faymann in Zeiten von Finanz- und Wirtschaftskrise. Zwar dürfe man nichts schönreden, "aber auch nicht die Katastrophe herbeireden". Die ÖVP in Person von Wolfgang Schüssel demonstrierte Glauben an die EU: "Gerade diese Krise hat bewiesen, Europa und besonders diese Eurozone schützt und nützt.

Von der Opposition kam Kritik an den Regierungsmaßnahmen zur Krisenbekämpfung - von "Schönwetterpolitik" (BZÖ) bis zu "extrem unglaubwürdigen" Aussagen (Grüne).

Winter und Westenthaler wurden "ausgeliefert"

Mehr Brisanz brachte die Auslieferung der Abgeordneten Susanne Winter und Peter Westenthaler, deren Immunität auf Antrag der Justiz aufgehoben wurde.  Erstere "Auslieferung" erfolgte einstimmig, zweitere gegen die Stimmen des BZÖ. Das Ersuchen kam im Fall Winters von der Staatsanwaltschaft Graz, bei Westenthaler von jener in Wien.

Gegen Winter wird wegen Herabwürdigung religiöser Lehren und Verhetzung ermittelt. Sie hatte im Grazer Wahlkampf unter anderem gemeint, der Prophet Mohammed habe ein sechsjähriges Mädchen geheiratet und wäre "im heutigen System" ein "Kinderschänder". Westenthaler wird beschuldigt, nach dem Besuch eines Spiels bei der EURO einen Polizisten angefahren und leicht am Knie verletzt zu haben. Vorgeworfen werden ihm, weil es sich um ein Mitglied der Exekutive handelt, schwere Körperverletzung und Widerstand gegen die Staatsgewalt.

Das BZÖ reagierte auf Westenthalers Auslieferung empört. Der Abgeordnete Ewald Stadler stellte den politischen Zusammenhang her, dass der von seinem Fraktionskollegen angeblich angefahrene Polizeibeamte ein sozialdemokratischer Funktionär sei.

Argumente für Aufhebung der Immunität

Argumentiert wurde die "Auslieferung" von den anderen Fraktionen mit formalen Argumenten. Denn Winter war bei ihrer Äußerung noch nicht Abgeordnete, und die Worte fielen noch dazu nicht in der Kampagne für die Nationalratswahl. Daher war ihre Immunität aufzuheben. Bei Westenthaler wiederum konnten die Parteien außer dem BZÖ keinen Zusammenhang mit seiner politischen Tätigkeit feststellen. Allerdings konzedierte FP-Justizsprecher Peter Fichtenbauer, dass die Anklage wegen Körperverletzung aus seiner Sicht grundfalsch sei.

Auch FPÖ stimmte für Auslieferung Winters

In der Causa Winter stimmten die Freiheitlichen zwar für die Auslieferung "denn wir haben nichts zu verbergen", so Strache, allerdings wurde die Anklage an sich scharf kritisiert, da es sich nur um eine politische Wertung der freiheitlichen Politikerin gehandelt habe. Parteichef Heinz-Christian Strache sprach sogar von einem Skandal. Winter habe nie eine Religion herabgewürdigt: "Frau Doktor Winter hat kein Verbrechen begangen. Ganz im Gegenteil." Denn sie habe Fehlentwicklungen in einer Gesellschaft aufgezeigt, auch wenn vielleicht die Wortwahl nicht die richtig gewesen sei.

Während Winter der Debatte nicht folgte und auch im Anschluss nicht mitstimmte, war Westenthaler während der Aussprache anwesend und stimmte wie die ganze Fraktion gegen seine Auslieferung.

"Notorischer Westenthaler"

"Der Fall Winter ist wesentlich wichtiger, als der notorische Fall Westenthaler", sagt Peter Pilz von den Grünen.  Es lägen zwei freiheitliche Parteien vor, die immer die vollständige Anwendung des Strafrechts fordern, nur wenn es um sie selbst geht, würden sie jammern, so Pilz.

Im Gespräch mit derStandard.at sagte Winter vor der Debatte am Rande des Plenums, sie sei entspannt. "Ich bin nicht aufgeregt". Natürlich werde das Parlamentsplenum genau so abstimmen wie der Ausschuss zuvor, dennoch sieht sie die Auslieferung als "Gelegenheit, die Dinge klarzustellen". Zu guter letzt verabschiedete sich die Erste Nationalratspräsidentin Barbara Prammer mit den besten Weihnachtswünschen vom Hohen Haus. (apa, burg, az, derStandard.at, 10.12.2008)