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Die Post kann ihre unrentablen Filialen zwar nicht verkaufen (sondern nur zusperren oder auslagern), aber die Gewerkschaft läuft trotzdem dagegen Sturm.

Foto: APA/Hans Klaus Techt

Die Postgewerkschaft droht mit einer Ausweitung ihres am Mittwoch begonnenen Arbeitsausstandes. Angedacht wird, auch am Donnerstag Warnstreiks abzuhalten und die Zustellung zu stören, erfuhr der STANDARD.


Österreichweit wurden 90 Filialen stundenweise bestreikt. In Kärnten waren einige Postfilialen ganztägig geschlossen. Postkunden zeigten vielfach Verständnis für die Maßnahme, mit der gegen Postämterschließungen und Jobabbau protestiert wird.

Die Postler haben am Mittwoch ihre angekündigten Warnstreiks gegen Postämter-Schließungen und Personalabbau durchgeführt. Laut Angaben der Post wurden österreichweit an die 80, laut Gewerkschaftsinformationen knapp hundert Postämter bestreikt, indem Kunden für die Dauer von ein bis drei Stunden daran gehindert wurden, die Filialen zu besuchen.

Die Aktionen waren von Bundesland zu Bundesland sehr verschieden, weil Landes- und Regionalfunktionäre der Postgewerkschaft autonom entscheiden konnten, wie sie die Öffentlichkeit auf die anstehenden Probleme – Postamtsschließungen und Personalabbau im großen Stil – aufmerksam machten. In filialstarken Bundesländern wie Wien und Oberösterreich verliefen die Aktionen bescheiden und überschaubar, es wurde jeweils nur eine Handvoll Filialen "bestreikt" , indem den Kunden bis zu drei Stunden lang der Zugang in die Filialen verwehrt wurde. Einzig die Kärntner machten fünf Ämter ganztägig dicht.

Mit Spannung erwartet wird nach der öffentlichkeitswirksam über die Bühne gebrachten Eskalationsphase I die weitere Vorgangsweise der aufgebrachten Postgewerkschaft. Sie wollte sich Mittwochnachmittag nach der kurzfristig angekündigten Demonstration des "Solidaritätskomitees" auf dem Wiener Schwedenplatz zu Beratungen zurückziehen. Heute, Donnerstag, versammeln sich die 45 Vorstandsmitglieder der Postgewerkschaft, wie berichtet, um 8.30 Uhr in der Dominikanerbastei im ersten Bezirk, um die weitere Vorgangsweise zu beschließen.

Und dann in den Nerv

Die hängt von den Beschlüssen in der Aufsichtsratssitzung ab, die heute, Donnerstag, ab 10.30 Uhr in der Wiener Postgasse abgehalten wird. Laut Standard-Recherchen sieht das Procedere so aus: In Phase II der Warnstreiks soll die Zustellung von Briefen und Paketen empfindlich gestört werden, indem ausgewählte, möglicherweise sogar alle 320 Zustellbasen und -postämter bestreikt werden. Das geht an den Nerv, denn damit werden einerseits Briefträger und Zusteller daran gehindert, ihre zur Verteilung sortierten Postsendungen abzuholen, und andererseits wird die Einlieferung der Post in die Verteilzentren verzögert.

Ein Schuss ins Nervenzentrum wäre dann Phase III, die Blockade der insgesamt sechs Verteilzentren, insbesondere jenes in Wien-Inzersdorf. Dazu braucht die Postgewerkschaft allerdings die Basis, also die 24.000 Post-Bediensteten. Sie war bis dato in die Aktionen nicht aktiv eingebunden. Ob und wann das kommt, hängt von den Beschlüssen des Aufsichtsrats ab, der das Budget 2009 und damit die Schließung von rund 300 Postämtern in der zweiten Jahreshälfte 2009 (vorher ist es laut eilig novellierter Universaldienstverordnung untersagt) samt Personalabbau beschließen muss.

In Aufsichtsratskreisen geht man davon aus, dass das Post-Management rund um Generaldirektor Anton Wais 2009 rund 800 Arbeitsplätze wegrationalisiert. Die Post-Chefs versuchten sich am Mittwoch in Deeskalation:Es werde kein Postamt ersatzlos geschlossen, sondern nur, wenn es einen Nahversorger, eine Tankstelle oder Gemeindeamt als Ersatz gebe. Und: Von der (nie offiziell bestätigten) Zielzahl von 9000 Arbeitsplätzen bis 2015 fielen allein 7000 durch Pensionierungen und das Nicht-Nachbesetzen natürlicher Abgänge weg. Kündigungen im großen Stil seien nicht geplant und angesichts des 60-prozentigen Beamtenanteils auch gar nicht möglich.

Für politische Spielchen zwischen roten und schwarzen Gewerkschaftern blieb auch während der Warnstreiks Zeit: Während die Sozialdemokraten streikten, hielten die Christgewerkschafter die Kundschaft mit Keksen bei Laune.

Derweil bricht das Geschäft ein, die Post-Konkurrenten sparen: Die Paketdienste Hermes und DPD rücken in Deutschland zusammen und nützen künftig Lastwagen und Logistikstandorte gemeinsam. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 11.12.2008)