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Somalische Piraten an Bord des chinesischen Fischkutters Tian Yu 8

Foto: EPA/Jason R. Zalas

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LRAD im Einsatz: die georgische Polizei verwendete das System (auf dem Autodach zu sehen) im November 2007 gegen Demonstranten.

Foto: AP /George Abdaladze

Durch den Golf von Aden fahren jährlich 21.000 Schiffe. 102 davon wurden heuer angegriffen, 40 davon gekapert. Versuche, die von der Küste Somalias aus operierenden Piraten mit Kriegsschiffen zurückzudrängen, waren bisher erfolglos: keine Marine der Welt hat genug Seefahrzeuge, um die fast drei Millionen Quadratkilometer zuverlässig zu überwachen.

Branchenvertreter raten davon ab, die Besatzungen mit Schusswaffen auszustatten, weil die Waffengesetze vieler Länder den Import von Gewehren und Pistolen verbieten. Auf Schiffe spezialisierte Bewachungsfirmen wie die britische APMSS - "Anti Piracy Maritime Security Services (Non-Lethal)" schwören deshalb auf "nicht-tödliche" Abwehrsysteme, wie sie auch von den Sicherheitskräften einiger Länder benutzt werden. Neben weidezaunartigen Stromkabeln, Hochdruckschläuchen und Schaumsprays, die das Deck mit einer rutschigen Schicht überziehen, kommt vor allem ein neuartiges Lautsprechersystem, das eigentlich für den Einsatz gegen Demonstranten entwickelt wurde, zum Einsatz.

Durchsagen und akustische Abschreckung

Dieses "Long Range Acoustic Device" (LRAD) der Firma  American Technology Corporation soll Angreifer mit hochfrequenten Tönen vertreiben, ermöglicht aber auch Durchsagen. Innerhalb des 30 Grad breiten Richtkegels erreicht das Gerät eine Lautstärke von 148 Dezibel direkt vor dem Parabolspiegel, in hundert Meter Entfernung liegt diese laut Herstellerangaben immer noch über der Schmerzgrenze. Die US Navy hat bereits 45 Geräte angekauft.

Firmensprecher Robert Putnam gibt gegenüber derStandard.at an, dass das System bisher hauptsächlich in den USA verkauft wurde. In Europa haben bisher nur Frankreich, Georgien, Großbritannien und Russland LRAD-Geräte. Besonderes Kundeninteresse besteht laut Putnam im südostasiatischen Raum.

Ohrstöpsel gegen High-Tech

Den Einwand, dass das Gerät gegen Angreifer, die einen handelsüblichen Gehörschutz tragen, wirkungslos sei, lässt Putnam nicht gelten: Wenn Menschen beim Anblick des Systems eine Kopfbedeckung aufsetzten, zeigten sie damit ihre Absichten. So könnten die Sicherheitskräfte potenzielle Unruhestifter bereits aus der Entfernung erkennen und angemessene Maßnahmen ergreifen.

Dies bringe auch für von Piraten bedrohte Schiffe wichtigen Handlungsspielraum: je früher die Besatzung erkennt, dass es sich um kein harmloses Fischerboot handelt, desto größer seien die Chancen, durch rasches Beschleunigen zu entkommen. Auf dem Wasser ist das Gerät laut Putnam in 2000 Meter Entfernung zu hören.

Bedenken über mögliche Gesundheitsschäden hat Putnam nicht: "Wenn jemand seine Hand auf eine heiße Herdplatte legt, braucht er sich nicht zu beklagen". Der große Vorteil des Systems liege in der möglichen Verhinderung von Eskalationen: durch die im Vergleich zu normalen Megaphonen äußerst hohe Tonqualität seien Durchsagen auch bei lauten Hintergrundgeräuschen auf jeden Fall zu verstehen.

Wachleute sprangen ins Wasser

Beim Piratenangriff auf den unter liberianischer Flagge fahrenden Chemikalientanker Biscaglia Ende November versagte das LRAD-System jedenfalls kläglich: nachdem die Piraten mit Sturmgewehren und Panzerabwehrwaffen das Feuer auf die Bedienungsmannschaft eröffneten, ließen die die drei britischen Wachmänner das Schiff im Stich, sprangen ins Wasser und ließen sich von einem Hubschrauber in Sicherheit bringen.

Ihr Chef Nick Davis, der Eigentümer der Sicherheitsfirma APMSS, beschreibt den missglückten Einsatz: "Die Piraten haben unsere Leute ausgelacht. Akustische Abwehrsysteme funktionieren nicht mehr, wen sie von einem Geschoß aus einer Kalaschnikow getroffen werden." Das Branchenmagazin Lloyds List rät mittlerweile vom Kauf der bis zu 125.000 Dollar teuren Geräte ab. (Berthold Eder/derStandard.at)