Bild nicht mehr verfügbar.

Albtraum für Banker und Volkswirtschafter: Vertrauensverlust der Kunden in ihr Geldinstitut, Sturm auf die Konten - wie im Jahr 1931 vor dem Postscheckamt Berlin, nach dem Kollaps der Danat-Bank

Foto: APA/dpa

Mit dem Bankenpaket hat die österreichische Bundesregierung in der vergangenen Legislaturperiode einen wichtigen Impuls gesetzt, um das Funktionieren der Finanzwirtschaft sicherzustellen. Ein für allemal muss an dieser Stelle mit dem gängigen Vorurteil aufgeräumt werden, es handle sich dabei um Geldgeschenke an die Banken, auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Institute, die Leistungen des Bankenpakets in Anspruch nehmen, müssen selbstverständlich dafür bezahlen - es gibt keine Geschenke.

Wer das Bankensicherungspaket als "teure Überfürsorge" in Frage stellt, hat das Funktionieren einer Volkswirtschaft nicht verstanden.

Vielmehr ist diese Initiative essenzieller Bestandteil eines Maßnahmenpakets, mit dem wir die heimische Wirtschaft in Schwung halten. Wir sichern damit wertvolle Arbeitsplätze für die Österreicherinnen und Österreicher, und wir stärken das Vertrauen in die heimischen Kreditinstitute. Vorwürfe wie jene von Bruno Rossmann (der Standard, 9. Dezember 2008) sind ein sehr negatives, verantwortungsloses Signal und schaden dem Wirtschaftsstandort Österreich. Was wir in diesen Zeiten des rückläufigen Wirtschaftswachstums brauchen, ist Verantwortungsbewusstsein und gemeinsames Handeln. Billige Polemik hingegen schafft nur Verunsicherung.

In einer schwierigen Situation muss die Politik rasch, konsequent und umfassend handeln, denn wir stehen vor zwei großen Herausforderungen: Einerseits den Sparerinnen und Sparern Sicherheit zu geben und den Banken die notwendige Stabilität. Andererseits haben wir in einer gemeinsamen Kraftanstrengung auch in Zukunft für die Fragen Wachstum, Beschäftigung und Konjunktur mit derselben Intensität und mit derselben Konsequenz politische Verantwortung wahrzunehmen.

Keine Insel der Seligen

Provokant könnte man fragen: Sollen wir die Arme verschränken und uns zurücklehnen, den Kopf in den Sand stecken - und das in Zeiten, in denen in den USA der größte Jobverlust seit über 30 Jahren und die tiefste Rezession befürchtet wird? Österreichs Wirtschaft war sehr lange immun gegen die Schlagwellen aus den USA, doch wir sind keine Insel der Seligen mehr und können uns von internationalen Entwicklungen nicht einfach abkoppeln. Daher ist es wichtig, den Österreicherinnen und Österreichern zu erklären, warum wir dieses Bankensicherungspaket geschnürt haben - und was es konkret beinhaltet.

Wir können den Menschen mit der Einlagensicherung Sicherheit für ihre Spareinlagen geben. Diese Einlagensicherung gilt nicht nur für natürliche Personen, sondern bis 50.000 Euro auch für Klein- und Mittelbetriebe. Wir haben weiters die rechtliche Grundlage dafür geschaffen, die heimischen Banken liquide zu halten und damit das Finanzsystem als Blutkreislauf, als Grundlage einer dynamischen Wirtschaft. Mit der Clearingstelle als Ausgleichspool unter Banken wurde eine Einrichtung geschaffen, die dafür sorgt, dass sich Banken wieder gegenseitig Finanzmittel zur Verfügung stellen, wobei der Bund Haftungen übernimmt. Auch hier gilt: Diese Leistungen gibt es nicht zum Nulltarif. Die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler müssen wissen, dass die Banken dafür ganz selbstverständlich Haftungsentgelt zahlen.

Weiters wird die Eigenkapital- bzw. Kapitalausstattung sichergestellt. Das bedeutet, dass der Bund in letzter Konsequenz auch Eigentumsrechte übernehmen kann - und sich zurückzieht, sobald die Situation wieder stabil ist.

An dieser Stelle sei nochmals in aller Deutlichkeit klargestellt, dass es sich beim Bankenpaket nicht um ein Paket "von Banken für Banken" handelt, und auch niemand vom Staat Steuergeld geschenkt bekommt. Die abgestuften Vorgaben zur Verzinsung von in Anspruch genommenem Partizipationskapital zeigen deutlich, dass sehr wohl für die Inanspruchnahme von Staatsgeld bezahlt werden muss.

Die Europäische Kommission sieht für das österreichische Bankenpaket eine Bandbreite bei der Verzinsung von 7 bis 9,3 Prozent vor, abgestuft nach Risiko eines Kreditinstituts und nach untergeordneten Schulden, Eigenkapital oder aktienähnlichem Eigenkapital. Der Vergleich mit England ist insofern unzulässig, als Großbritannien mit seinen Maßnahmen Banken durch eine Verstaatlichung vor dem Konkurs retten musste - eine Situation, die in Österreich nicht gegeben ist.

Unternehmen brauchen es

Wer sich mit den Bedingungen und Auflagen für die Inanspruchnahme von Staatskapital auseinandersetzt, der weiß, dass darin auch die Mittelverwendung genau definiert ist: Banken, die staatliche Unterstützung in Anspruch nehmen, haben besonders die Kreditversorgung für Klein- und Mittelbetriebe sowie die Versorgung von Haushalten mit Hypothekarkrediten zu gewährleisten. Das ist besonders auch für kleinere und mittlere Unternehmen relevant, da nur ausreichende Liquiditätsbereitstellung das unternehmerische Handeln ermöglicht. Unternehmen brauchen gerade jetzt, in schwierigen Zeiten, Kredite für ihre Investitionen. Das Bankenpaket stellt diese Liquidität sicher und trägt zur Stimulierung von Wachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen bei.

Wir müssen auf nationaler Ebene eine umfassende Strategie verfolgen, um auf die gegenwärtige Krise schlagkräftig und zielgerichtet zu reagieren. Es zeigt sich aber auch gerade in dieser schwierigen Situation, wie wichtig es für Österreich ist, Teil einer gemeinsamen Europäischen Union zu sein, mit dem Euro eine starke Währung zu haben, die der internationalen Finanzkrise standhält. Gesunde Staatsfinanzen und eine starke Stimme im europäischen Konzert - Österreich ist auf dem richtigen Kurs durch stürmische Zeiten. (Wilhelm Molterer, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 11.12.2008)