Der Aufstand seiner Kunden hat den deutschen Softwarehersteller SAP in die Knie gezwungen. Die Walldorfer bieten ihren Kunden weiterhin die Standardwartung an und verzichten auf den Zwangswechsel zum teureren Premiumservice. Was in den vergangenen Tagen geschah, ähnelt einer Revolte von 100 Davids gegen den Software-Goliath SAP. Zu der Gruppe der Aufständischen gehören illustre Namen wie Miele, Bitburger, OMV, Mobilkom Austria, AT&S, Mediaprint, Krombacher, Gerolsteiner, Krones, Jenoptik, Villeroy & Boch, Lorenz Bahlsen Snacks und Klosterfrau.
"Wir fühlen uns erpresst."
Dabei nahmen die Kunden drastische Worte in den Mund. Von einer "Ausnutzung der Marktmacht" sprach man beim Hausgeräte-Hersteller Miele, von "reiner Geldmacherei" bei der Drogeriekette dm, und Spar Österreich wurde in der "Lebensmittel Zeitung" mit dem Satz zitiert: "Wir fühlen uns erpresst."
Was war geschehen? Bereits im Sommer hatte SAP 50 bis 60 Prozent der Kunden in Deutschland und Österreich die Verträge für Standardwartung gekündigt und für das Enterprise-Wartungspaket einen Preisanstieg von 17 auf 22 Prozent der Lizenzgebühren gefordert. Doch erst im Herbst bildete sich in Internet-Foren der SAP-Kunden der Widerstand, der SAP zur Aufgabe zwang. Nun schwenkte SAP die weiße Fahne. Der Konzern lässt seinen Kunden die Wahl zwischen der bisherigen Standard-Wartung und der teureren Enterprise-Wartung.
Klar ist nur, dass die Preise für Altkunden vor der Grenze von 22 Prozent Halt machen
Erreicht haben die Mittelstandskunden, dass der Standardservice neben dem neuen teureren Wartungspaket weiter angeboten wird. Doch auch beim Standardservice soll es Preiserhöhungen geben. Die Standard-Wartung wird vorerst bei 17 Prozent der Lizenzgebühren bleiben. Ab 2010 könnte SAP die Gebühr aber anheben. Der Unterschied zur teureren Enterprise-Wartung ist gering. Klar ist nur, dass die Preise für Altkunden vor der Grenze von 22 Prozent Halt machen.
Das Drehen an der Preisschraube kam für Analysten nicht überraschend. Die Wartung sei die wichtigste Einnahmequelle der Walldorfer - sogar noch vor dem Lizenzgeschäft, sagt Analystin Jacqueline Lerique von BNP Paribas. Hier habe der Kunde wenig Ausweichmöglichkeiten. "Denn ist ein Unternehmen erst einmal ein Kunde, zahlt es Gebühren für die gesamte Laufzeit der Nutzung und die Wartung."
"SAP hat ihre Kunden wiedergefunden"
Die Freude über den Sieg ist dennoch groß. "SAP hat ihre Kunden wiedergefunden", sagte Thomas Roth, IT-Chef bei Villeroy & Boch. Nun gebe es keinen Zwang zu einer Wartung, die der Großteil des Mittelstandes nicht brauche. Doch der Schock über den neuen Stil bei SAP sitz tief beim Mittelstand, auf den der Software-Konzern für künftiges Wachstum setzt. "Der Eindruck beim Mittelstand ist verheerend", sagte Roth. Bisher waren Mittelständler von der Komplexität der Software abgeschreckt. Nun kommt aber die abschreckende Form der Kommunikation dazu. "Ich glaube nicht, dass die Welt wieder das sein kann, was sie vorher war." (APA/dpa)