Wien/Tiflis - Die Regierung der georgischen Separatistenprovinz Südossetien hat die Plünderung und Brandschatzung georgischer Dörfer in den Wochen nach dem Krieg im vergangenen August offenbar geduldet. Zu diesem Schluss kommt das Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte (Odihr), eine Behörde der OSZE, in einem dem Standard vorliegenden Bericht.

Eine Beobachtergruppe von Odihr hielt sich Anfang November mehrere Tage in Südossetien auf und besuchte zuvor Abchasien sowie die von der russischen Armee geschaffenen Pufferzonen entlang der beiden Separatistengebiete. Vor allem Südossetien ist seit dem Krieg im August für unabhängige Beobachter kaum zugänglich.

Lokalaugenschein

Dem Lokalaugenschein von Odihr zufolge sind die ehemals georgisch besiedelten Dörfer um die südossetische Provinzhauptstadt Zchinwali praktisch zerstört. Der Flucht und Vertreibung der etwa 23.000 Georgier in Südossetien ging ein Bombardement der russischen Luftstreitkräfte voraus. Dann heißt es in dem Bericht: "Südosseten in Uniform ebenso wie ossetische Zivilisten, die dem Vormarsch der russischen Kräfte folgten, unternahmen, was eine systematische Kampagne der Brandstiftung gegen Häuser und andere zivile Gebäude in Dörfern mit überwiegend ethnischer Bevölkerung gewesen zu sein schien."

Der knapp 100 Seiten lange Bericht über die Lage der Menschenrechte in den ehemaligen Kriegsgebieten war am 27. November von Odihr abgeschlossen und anschließend dem finnischen Außenminister als amtierenden Ratsvorsitzenden der OSZE übergeben worden. Der britische Außenminister David Miliband zitierte beim Ministerrat der Organisation vergangene Woche in Helsinki aus dem Bericht. Aus Rücksichtnahme gegen Russland, das Südossetien und Abchasien anerkannt hat, konnte sich Odihr offenbar noch nicht zu einer Veröffentlichung durchringen.

Russen gingen gegen Plünderer vor

In einigen Fällen sollen russische Soldaten gegen ossetische Plünderer eingeschritten sein, die georgische Bewohner mitunter aus den Häuser trieben und angriffen. Dies berichteten ehemalige Dorfbewohner den Odihr-Beobachtern. In Akhalgori, einer größeren Stadt im Osten der Provinz, und den umliegenden Dörfern, die vor dem Krieg unter georgischer Verwaltung standen, aber nicht direkt von den Kampfhandlungen betroffen waren, stellten die Beobachter einen wachsenden Druck auf die georgischen Bewohner fest. Die nunmehr tonangebenden südossetischen Behörden haben die Schließung der Verwaltungsgrenze zum georgischen Kernland angekündigt. "Mehr als 5.100 Einzelpersonen hatten Akhalgori bis Ende Oktober verlassen."

Stadt mit Artillerie beschossen

Augenzeugen in Zchinwali bestätigten wiederum frühere Berichte von einem massiven Artilleriebeschuss ziviler Gebäude der Stadt durch die georgische Armee. Damit begann der Krieg in der Nacht zum 8. August.

Odihr beklagte die Hindernisse, die der Gruppe bei der Einreise in die Provinz in den Weg gelegt wurden. Die Beobachter wurde am Ende nur der Zutritt über den Umweg über Russland gestattet. Bei der Fahrt zu den Dörfern in der Umgebung von Zchinwali und Akhalgori wurden sie von russischen Soldaten eskortiert. (mab/derStandard.at, 10. 12. 2008)