Die Arbeitnehmer erhalten wieder ein größeres Stück vom Gesamtkuchen.

Foto: Standard/Matthias Cremer;Montage: Beigelbeck

Die österreichischen Arbeitnehmer können 2009 mit einem Plus von 2,5 Prozent in der Geldbörse rechnen, dem größten Zuwachs seit zehn Jahren. Grund dafür ist das Zusammenspiel von sinkender Inflation, Steuerentlastung und hohen Lohnsteigerungen. Wifo-Experte Alois Guger wollte den Zuwachs der Realeinkommen wegen der bevorstehenden Konjunkturprognose nicht bestätigen, sprach aber von einem "deutlichen Zuwachs".

Fraglich ist, wie viel der Steigerung tatsächlich in den Konsum fließt. Die meisten Ökonomen rechnen allerdings mit einem Zuwachs beim privaten Verbrauch im kommenden Jahr, während Investitionen und Exporte deutlich schrumpfen dürften. Im dritten Quartal 2008 waren die Umsätze im Einzelhandel laut aktuellem Wifo-Bericht leicht rückläufig, während die gesamte Wirtschaft mit einem Plus von 0,1 Prozent im Vergleich zu den Monaten April bis Juni an der Rezession vorbeischrammte.

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Der Rezession zum Trotz: 2009 sollte für Österreichs Haushalte ein gutes Jahr werden. Sinkende Inflation, satte Lohnabschlüsse und die Steuerentlastung sorgen dafür, dass die Realeinkommen (abzüglich Inflation) im kommenden Jahr um 2,5 Prozent steigen werden. Auch wenn Wifo-Experte Alois Guger wegen der bevorstehenden Prognose keine Zahlen nennen will, bestätigt er:"Eine derartige Lohnentwicklung haben wir in diesem Jahrzehnt noch nicht gesehen."

Für Experten ist diese Situation besonders erfreulich, weil die privaten Einkommen ausschlaggebend für den Konsum sind und dieser in einem globalen Wirtschaftsabschwung eine wichtige Stütze darstellen könnte. In der Vergangenheit war das Gegenteil der Fall, die private Nachfrage hinkte hinter der Gesamtwirtschaft hinterher. Kein Wunder:2008 liegt das Pro-Kopf-Einkommen auf dem Niveau von 1991. Zwar ist diese Stagnation vor allem auf den Sparkurs im Vorfeld des EU-Beitritts zurückzuführen, doch eine echte Gegenbewegung hat nie eingesetzt. Die hohe Inflation sorgt heuer sogar für einen Rückgang der Nettolöhne auf im Schnitt 1505 Euro im Monat (1991:1520 Euro).

Im kommenden Jahr treffen drei entlastende Faktoren zusammen:Die Bruttolöhne werden - auch um die heurige Inflation abzugelten - um rund drei Prozent zulegen; die Steuerentlastung macht zwei Prozent pro Beschäftigten aus. Bei einer Teuerung von rund 1,5 Prozent kommt somit ein inflationsbereinigtes Plus der Nettoeinkommen von 3,5 Prozent heraus. Weil die erwartete Rezession Jobs kosten wird (und Arbeitslose weniger Unterstützung erhalten), rechnen Experten mit dem genannten Zuwachs von 2,5 Prozent.

Fraglich ist allerdings, wie stark das Plus in der Geldbörse den Konsum beleben wird. In unsicheren Zeiten wird eher gehortet als verbraucht. Erstes deutliches Anzeichen dafür: Der Einzelhandel verzeichnete laut aktuellem Wifo-Konjunkturbericht von Juli bis September einen Rückgang der Umsätze (minus 0,1 Prozent). Die gesamte heimische Wirtschaft steuert demnach zwar auf eine Rezession zu, im dritten Quartal 2008 wurde sie aber gerade noch vermieden (plus 0,1 Prozent).

Ein Fünftel weniger Kredite

Die höheren Einkommen sollten 2009 zu einer Verbrauchssteigerung von 0,5 Prozent führen, so die Nationalbank. Der größere Teil der Lohnzuwächse fließt aufs Sparbuch. Neben den staatlichen Ausgaben bleibt der private Konsum der einzige Impulsgeber - Investitionen, Importe und Exporte rutschen 2009 deutlich in den roten Bereich. Laut Wifo war die exportorientierte Sachgüterproduktion im dritten Quartal bereits negativ.

Dass die Konsumenten derzeit leisertreten, zeigt sich auch anhand einer anderen Statistik. Laut Kreditschutzverband von 1870 sank die Zahl der vergebenen Privatkredite im November um ein Fünftel. Nicht immer ganz freiwillig: Nur die Hälfte des Rückgangs ist durch geringere Nachfrage verursacht, der Rest sei auf "restriktivere Kreditvergabe der Banken und Leasingfirmen" zurückzuführen, berichtet KSV-Vorstand Johannes Nejedlik.

In diesem Umfeld bleibt abzuwarten, ob die Regierung weitere Schritte zur Konjunkturbelebung setzt, wie sie Bundeskanzler Werner Faymann (SP) wünscht. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (VP) bekräftigte am Mittwoch seine diesbezügliche Skepsis. Von Mehrwertsteuersenkung oder Konsumgutscheinen hält er wenig. Zusätzliches Geld für die thermische Sanierung von Gebäuden kann sich der Ressortchef aber vorstellen. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 11.12.2008)