München - Rund um das im Zentrum unserer Milchstraße vermutete supermassive Schwarze Loch (als kosmisches Objekt trägt es den Namen Sagittarius A*) herrscht das Chaos: "Die Bahnen der Sterne in der innersten Region sind völlig regellos", erläuterte Stefan Gillessen vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik am Mittwoch die Ergebnisse einer mehrjährigen Untersuchung von Sagittarius A*.
Die Sterne bewegen sich mit hoher Geschwindigkeit auf ihren unregelmäßigen Bahnen - in größerer Entfernung, ab etwa einem Lichtmonat, kehrt dann wieder Ordnung ein: Sechs der dort beobachteten 28 Sterne umkreisen Sagittarius A* in einer Scheibe. Die Langzeitstudie ermöglichte es den Max-Planck-Forschern auch, die Entfernung der Erde vom Zentrum der Galaxie auf 27.000 Lichtjahre zu bestimmen. Mindestens 95 Prozent der Masse, die auf die Sterne einwirken, befinden sich demnach in dem Schwarzen Loch.
Langzeitbeobachtung
Um das bisher beispiellos detaillierte Bild vom Herzen der Milchstraße erstellen und die Umlaufbahnen der einzelnen Sterne berechnen zu können, mussten die Forscher die Sterne über viele Jahre hinweg beobachten. Vor 16 Jahren wurden den Angaben zufolge mit einer Kamera der Europäischen Südsternwarte die ersten Daten gewonnen und seit 2002 weitere Beobachtungen mit zwei Instrumenten am Very Large Telescope (VLT) gemacht.
Die neue Studie erlaubt die Vermessung der Sternpositionen mit sechsfach höherer Präzision als zuvor. Dabei erreichten die Forscher nach eigenen Angaben eine Genauigkeit, die der Erkennung einer Ein-Euro-Münze aus einer Entfernung von 10.000 Kilometern entspräche.
Rätselhaft bleibt jedoch, wie die beobachteten jungen Sterne in die Umlaufbahnen um Sagittarius A* gelangen. "Sie sind viel zu jung, um von weit her gekommen zu sein, aber es erscheint noch unwahrscheinlicher, dass sie in ihren jetzigen Bahnen entstanden, wo die Gezeitenkräfte des Schwarzen Loches wirken", notierten die Wissenschafter. (APA/AP/red)