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EU-Umweltkommissar Stavros Dimas: langfristige Ziele sind wichtig.

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Das Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der EU stand im Zeichen der Schwerpunkte Klimapaket, Konjunkturprogramm und Vertrag von Lissabon. In allen drei Bereichen gab es einen Durchbruch - mithilfe großer Zugeständnisse.

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Die EU-Mitgliedstaaten haben sich auf die Lastenteilung geeinigt, mit der die EU-Klimaziele auf die einzelnen Staaten aufgeteilt werden. Wie berichtet soll der Ausstoß von Kohlendioxid bis 2020 um 20 Prozent im Vergleich zu 1990 gesenkt werden, erneuerbare Energie zumindest 20 Prozent am Gesamtverbrauch ausmachen und die Energieeffizienz um ein Fünftel gesteigert werden.

Österreich muss den Gipfelvereinbarungen zufolge den Anteil an erneuerbarer Energie von derzeit 23 auf 34 Prozent steigern. Die Industrieunternehmen, die europaweit in ein Handelssystem für Emissionszertifikate (ETS) einbezogen werden, müssen ihren Ausstoß bis 2020 um 21 Prozent reduzieren. Kleinere Betriebe, der Verkehr und der private Energieverbrauch etwa in Wohnungen müssen die Emissionen unter dem Strich bis 2020 um 16 Prozent verringern. Österreich hatte sich vor allem gegen die "ambitionierten" 34 Prozent an erneuerbarer Energie gewandt, das Paket war aber "nicht mehr aufzuschnüren" , sagte Bundeskanzler Werner Faymann nach dem Ende der Verhandlungen.

Gegenüber dem ursprünglichen Vorschlag der EU-Kommission ist der nun erzielte Kompromiss vor allem im Industriebereich und bei den Lasten für die osteuropäischen Mitgliedstaaten deutlich verwässert.

Die Kommission hatte vorgeschlagen, dass die großen Industrieunternehmen in der EU schrittweise immer weniger CO2-Zertifikate zugeteilt bekommen, ab 2020 sollten dann sämtliche Emissionsrechte über Versteigerungen vergeben werden. Dieses Ziel wurde nun auf 2025 verschoben, wobei beim Start 2013 nur 20 Prozent versteigert werden und der Rest gratis zugeteilt wird.

Ausnahmen gibt es für energieintensive Unternehmen, die durch eine Besteuerung der Kohlendioxid-Emissionen zur Abwanderung aus der EU gezwungen werden könnten.

Diese Unternehmen bekommen alle benötigten CO2-Zertifikate gratis. Per Definition fallen Unternehmen in die Gruppe, wenn ihre Produktionskosten durch die CO2-Abgaben um mehr als fünf Prozent steigen würde und mehr als zehn Prozent der Umsätze im Export aus der EU erlöst werden.

Abwanderungsgefahr

Faymann rechnet damit, dass "deutlich mehr als die Hälfte" der betroffenen heimischen Industrieunternehmen in Zukunft CO2-Gratiszertifikate erhalten werden. Von den rund 200.000 Beschäftigten im Bereich der von Abwanderung gefährdeten Industrien wären nur 80.000 aufgrund ihrer Größe vom künftigen Emissionshandel erfasst. Davon würden mehr als die Hälfte wegen bereits jetzt sauberer Produktionsstandards Gratiszertifikate erhalten. Genaueres lasse sich erst bei der endgültigen Definition der von den Ausnahmen betroffenen Sektoren sagen, die nunmehr im Dezember 2009 erfolgen soll. Österreich habe hier versucht, die Sektoren bereits im nächsten Juni schon zu definieren, habe sich aber bei dem Datum nicht durchgesetzt. Experten zufolge kann die Stahl-, Aluminium-, Papier-, Zellstoff- und Glasindustrie mit Gratis-Verschmutzungsrechten rechnen.

Großzügige Ausnahmen gibt es auch für die osteuropäischen Länder. Ursprünglich war geplant, das Stromerzeuger bereits ab 2013 alle benötigten Zertifikate auf Auktionen zu erwerben hätten. Polen wandte dagegen ein, dass dies Länder mit überdurchschnittlich vielen Kohlekraftwerken benachteiligen würde.

Nun dürfen Kraftwerke mit hohem Kohleanteil bis zu 70 Prozent Gratiszertifikate bekommen, bis 2020 sollen schrittweise dann bis zu 100 Prozent über die Auktionen erworben werden. Zusätzlich gibt es einen Solidaritätsfonds für Osteuropa. Nach polnischen Berechnungen würden im Rahmen des Solidaritäts-Mechanismus in den Jahren 2013 bis 2020 rund 15,1 Mrd. Euro aus reicheren EU-Ländern nach Polen fließen.

Der EU-Ratsvorsitzende, Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy, hob die Einigung am Gipfel in allen drei Bereichen - Klimapaket, Konjunkturpaket und Lissabon-Vertrag - hervor. Dieser Europäischen Rat werde "in der Geschichte Europas bleiben" . EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso rief die USA zu engerer Kooperation beim Klimaschutz auf. "Die Nachricht an unsere globalen Partner ist: "Yes, you can", sagte er in Anspielung auf den Slogan Barack Obamas. (Michael Moravec aus Brüssel/DER STNDARD, Printausgabe, 13.12.2008)