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Der Forschungsrat fürchtet für Österreich angesichts des neuen Budgets einen "manifestierten Rückschritt" im Bereich Forschung und Entwicklung.

Foto: Patrik Stollarz/Bongarts/Getty Images

Wien - Es gibt eine Finanzierungslücke im Bereich Forschung und Entwicklung (F&E) von 1,96 Mrd. Euro zwischen den Zusagen, welche die alte Regierung noch traf und jenen, die die neue Regierung nun im Regierungsprogramm gemacht hat. Das geplante F&E-Budget zwischen 2009 und 2013 stelle damit "keine Stagnation, sondern einen manifestierten Rückschritt" dar, wie der Rat für Forschung und Technologieentwicklung (RFT) am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Wien kritisierte. Man sehe sich veranlasst, "mahnend die Stimme zu erheben": "Das kann nicht das letzte Wort sein", so RFT-Vorsitzender Knut Consemüller. Für das Finanzministerium ist die Finanzierungslücke hingegen "in keiner Weise nachvollziehbar". Die Grünen fordern als Reaktion auf die mahnende Stimme des RFT eine "massive" Erhöhung der Forschungsmittel.

Zusagen

Von der alten Regierung wurden der Forschung von 2009 bis 2013 laut dem RFT-Chef zusätzlich zum regulären Budget der mit dem Thema befassten Ressorts Mittel in Höhe von 2,31 Mrd. Euro zugesichert: Die etwa auch in einem Schreiben des Finanzministeriums vom Juli dokumentierten 250 Mio. Euro für 2009 und 400 Mio. Euro für 2010 seien auch schon "verplant", so der stellvertretende Rats-Vorsitzende Günther Bonn. In den darauffolgenden Jahren sollten noch 470 (2011), 550 (2012) und 640 Mio. Euro (2013) kommen.

Neuer Plan

Laut dem neuen Regierungsprogramm sollen der Forschung bis 2013 zusätzlich zu den Ressortbudgets insgesamt aber nur 350 Mio. Euro zufließen: Jeweils 100 Euro in den Jahren 2009 und 2010, anschließend jährlich 50 Mio. Euro. Dabei wären nach Berechnungen des Rats sogar "mindestens drei Milliarden Euro gefordert", um das Regierungsprogramm im Bereich Forschung umzusetzen.

"Bruch zu den letzten drei Regierungen"

Consemüller ortet eine "Riesendifferenz" zwischen dem, "was verbal im Regierungsprogramm ausgedrückt wird und was an Zahlen zu finden ist". Das nun bekanntgewordene "Zahlenwerk" sei bei Umsetzung ein "Bruch zu den letzten drei Regierungen". Mit dem nun geplanten Budget würden die Steigerungsraten aufgegeben, die notwendig wären, um Österreich in Europa bis 2020 auf einen Spitzenplatz bei F&E zu bringen und zu einem "Innovations-Führer" zu machen.

Auch aus den Förderagenturen und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) sowie aus der Universitätenkonferenz (uniko) vernehme man die Stimmen, die von einem "totalen Strategiewechsel" sprechen, so Consemüller. Die Zahlen seien katastrophal, es drohen etwa Entlassungen, neben der angewandten sei auch die Grundlagenforschung, etwa an den Unis, gefährdet. Die in den vergangenen Jahren so erfolgreich aufgebauten "Netzwerke, Strukturen, Institute" - "all das wird zerstört", mahnte Bonn. Für ihn sei mit der ausbleibenden Aufstockung des F&E-Budgets in der Vergangenheit "mühsam investiertes Steuergeld umsonst verbraucht" worden.

Strategie

Bis Weihnachten will der Rat in Zusammenarbeit "mit den Betroffenen" ein "Innovationspaket an einem runden F&E-Tisch" ausarbeiten. Ihre Teilnahme zugesagt haben u.a. die Förderagenturen FFG, FWF, die aws und die Christian-Doppler-Gesellschaft, aber auch die Industriellenvereinigung, die Ludwig-Bolzmann-Gesellschaft, die ÖAW und die uniko wie auch die Wirtschaftskammer Österreich. Auch ein Treffen mit dem Kanzler und Vizekanzler strebt der Rat an.

Bei einem Treffen Anfang Dezember mit Vertretern des Finanzministeriums habe es bereits das Signal gegeben, dass es "eine Aufbesserung geben soll". Doch es lägen noch keine konkreten Zahlen vor. Die Mindestforderung sei, die bereits durch die alte Regierung zugesagten und verplanten Mittel in Höhe von 250 und 400 Mio. Euro für 2009/10 zur Verfügung zu stellen, sagte Bonn: "Das ist das Minimum, auf dass man sich als Bürger verlassen können sollte."

Reaktion Finanzministerium

"In keiner Weise nachvollziehbar" ist für das Finanzministerium die Finanzierungslücke bei Forschung und Entwicklung (F&E) von 1,96 Mrd. Euro. Die Budgetplanungen seien sehr wohl darauf ausgerichtet, "eine Forschungsquote von drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu erreichen", hieß es in einer Aussendung.

Ohne weiter auf die vom RFT genannten Zahlen einzugehen, verwies das Ministerium darauf, "dass bereits für das Jahr 2009 eine Steigerung der Mittel für Forschung und Entwicklung im Bundessektor auf über 2,3 Mrd. Euro vorgesehen ist. Damit erhöhen sich die Forschungsgelder bereits 2009 um rund 100 Mio. Euro gegenüber dem laufenden Jahr 2008." Damit bezieht sich das Ministerium wohl auf die von der Statistik Austria berechneten Forschungsausgaben des Bundes 2008 in Höhe von 2,22 Mrd. Euro.

Reaktion Grüne

Eine "massive" Erhöhung der Forschungsmittel fordern die Grünen: "Die Forschung von heute sichert die Arbeitsplätze von morgen und ist der Schlüssel für die Weiterentwicklung in der Wirtschaft und der Gesellschaft. Es muss endlich Schluss sein mit der Kompetenzzersplitterung auf drei Ministerien und den mageren Budgets dafür", meinte die Forschungssprecherin der Grünen, Ruperta Lichtenecker, in einer Aussendung. Um im globalen Wettbewerb bestehen zu können, sei eine Forschungsquote von vier Prozent nötig. Den Forschungsbereich "so niedrig zu dotieren, zeugt vom mangelnden Weitblick der Regierung". (APA)