Im neuen Büro, das Karlheinz Kopf von Vorgänger Wolfgang Schüssel übernommen hat, fehlt noch einiges. Die inhaltliche Neuausrichtung der ÖVP hat aber bereits begonnen.

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Standard: Sie waren oft für Spitzenfunktionen im Gespräch. Warum hat es so lange gedauert, bis Sie etwas geworden sind?

Kopf: Ich hatte einen interessanten Job als Wirtschaftsbund-Generalsekretär und Abgeordneter. Ich bin nie einem Aufstieg nachgerannt. Die Dinge ergeben sich eben erst dann, wenn sie reif sind.

Standard: Die VP ist nicht mehr gegen Untersuchungsausschüsse als Minderheitenrecht. Steckt Einsicht dahinter oder einfach die Tatsache, dass es die ÖVP mangels Stärke nicht mehr verhindern kann?

Kopf: Prinzipiell gab es bei uns nie ein Verneinen des Minderheitsanspruches. Die Aufgaben des Parlaments sind Gesetzgebung und Kontrolle. Das können nicht nur die Regierungsparteien übernehmen. Diejenigen in der Opposition, die nach Minderheitenrecht gerufen haben, haben der Sache aber oft nichts Gutes getan. Etwa beim Banken-Ausschuss: Wenn man parallel zu einer gerichtlichen Untersuchung einen U-Ausschuss abführt, mit allen Problemen der Vertraulichkeit, ist das genau das, was wir nicht wollen: ein Tribunal, das ein Gericht ersetzt.

Standard: Sie wollen also keine U-Ausschüsse parallel zu Gerichtsverfahren?

Kopf: Untersuchen kann man alles, wo man politische Verfehlungen vermutet. Es braucht aber klare Spielregeln. Unser Zugang ist: Es soll nicht mehr als ein Ausschuss zur selben Zeit tagen, weil das Hohe Haus gar nicht darauf eingerichtet ist. Es macht auch keinen Sinn, irgendwo, wo gerichtliche Untersuchungen anhängig sind, einen U-Ausschuss einzusetzen. Man tut gut daran, sich auf die Ergebnisse der Gerichte zu stützen.

Standard: Wie soll die Vorsitzfrage geregelt werden? Die SPÖ ist für ein Rotationsprinzip der Parteien.

Kopf: Ich würde einen Schritt weiter gehen. Ideal wäre es, wenn es kein aktiver Politiker ist. Das kann ein ehemaliger Richter sein oder ein ehemaliger Politiker. Bei aktiven Politikern ist die Gefahr groß, dass es in Richtung persönliche Profilierung und Begleichung offener Rechnungen geht.

Standard: Sollen U-Ausschüsse gänzlich öffentlich sein wie in Deutschland, sprich: Sollen auch TV-Übertragungen möglich sein?

Kopf: Ich schließ es nicht aus. Das deutsche Modell funktioniert an sich nicht schlecht. Ich habe mir vorgenommen, mir das im Detail anzuschauen.

Standard: Der neue SP-Gesundheitsminister Alois Stöger will nicht nur Arbeitseinkünfte für die Berechnung der Sozialversicherung heranziehen. Was halten Sie davon?

Kopf: Ich bin überhaupt etwas irritiert: Stöger hat den Vorschlag mit der Bemessungsgrundlage gebracht. Das geht wieder in Richtung mehr Geld für das Gesundheitswesen ohne Reformen. Das bringt uns nicht weiter. Dann kommt die neuen Frauenministerin mit der Forderung nach Frauenquoten für Aufsichtsräte. Das haben wir alles bei den Koalitionsverhandlungen besprochen und einvernehmlich nicht aufgenommen. Da scheint es bei der SPÖ noch Bedarf an Orientierung zu geben. Diese Dinge werde ich sehr genau beobachten, dass man auf dem gemeinsamen Pfad bleibt. Das sehe ich auch als meine Aufgabe an.

Standard: Stichwort Frauenquote: Die ÖVP hat auch im Klub wenig Frauen. Nicht einmal die ÖVP-Frauenchef sitzt im Parlament.

Kopf: Man sollte das nicht an einer konkreten Funktion festmachen. Faktum ist: Wir sind sehr bemüht, den Frauenanteil zu heben - auf allen Ebenen. Das geht aber nicht mit gesetzlichen Bestimmungen, sondern indem man sich ehrlich dazu bekennt. Diese Bewusstseinsbildung, das Wachrütteln von uns Männern wird's immer brauchen. Das gilt aber auch für die Frauen: dass man dafür sorgt, dass sich mehr Frauen das zutrauen.

Standard: Also auch keine Quote für den Parlamentsklub?

Kopf: Nein.

Standard: Sie sind auch ÖVP-Mediensprecher. Unterstützen Sie die ORF-Führung angesichts der Finanzprobleme noch?

Kopf: Das ist keine Parteienfrage. Es gibt einen Stiftungsrat, der sich damit zu beschäftigen hat. Die Politik tut gut daran, nicht wie früher direkt die Finger in ein Unternehmen rein zu stecken. Das funktioniert generell nicht. Ich mache mir aber um das Unternehmen, wie es derzeit geführt wird, schon enorme Sorgen. Wenn man den ORF mit vergleichbaren Sendern im Ausland vergleicht, stößt man schon auf ein paar Auffälligkeiten bei den Kostenstrukturen, die darauf schließen lassen, dass das Management nicht genug getan hat.

Standard: Ist die Privatisierung von ORF 1 oder Ö3 ein Thema für Sie?

Kopf: Ich sehe das nicht. Natürlich ist ORF 1 stark in Richtung Privatfernsehen unterwegs und ORF 2 eher der öffentlich-rechtliche Teil. Ich glaube aber, dass beide Teile voneinander leben. Gäbe es nur mehr ORF 2, kämen wir noch stärker auf die Schiene Subventionierung und Steuerfinanzierung. Das wäre ein Fass ohne Boden.

Standard: Wird es eine finanzielle Hilfe für den ORF geben?

Kopf: Wir hatten gerade erst eine Gebührenerhöhung, diese 70 Millionen sind aber offenbar schon wieder weg. Ich sehe nicht, dass wir dem Unternehmen weiteres Geld zur Verfügung stellen. (Günther Oswald, DER STANDARD, Printausgabe, 12.12.2008)