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"Die Gründung der ersten Republik ist viel größer gefeiert worden - und das im Gedenkjahr!", so Ari Rath (hier auf einem Archivbild vom September 2006).

Foto: AP/rubra, Rudi Brandstaetter

Wien - Ari Rath, ehemaliger Chefredakteur der Zeitung "The Jerusalem Post" und geborener Wiener, ist mit dem Gedenkjahr 2008 in Österreich nicht zufrieden. "Ich fürchte, im Großen und Ganzen ist nicht allzu viel davon übriggeblieben", sagte er am Rande einer Internationalen Konferenz der Holocaust Task Force am Donnerstag in Wien. Die Bundesregierung habe die Gedenkfeiern nicht mitgetragen, außerdem sei der 70. Jahrestag der Novemberpogrome neben den Feierlichkeiten zur Gründung der 1. Republik nahezu untergegangen.

"Wir alle sollten uns fragen, ob dieses Jahr wirklich gezeigt hat, dass Österreich endlich bereit ist, aus seiner Geschichte zu lernen - ich bin leider noch nicht davon überzeugt", so Rath, der im Alter von 13 Jahren vor den Nazis nach Palästina flüchten musste. Solange es "jede Menge einflussreiche Leute" gebe, die noch an der Theorie der Opferrolle Österreichs festhalten, überrasche ihn der Erfolg von den rechten Parteien FPÖ und BZÖ unter den Erstwählern bei der Nationalratswahl 2008 nicht, sagte Rath.

70. Jahrestag der Novemberpogrome

Die wenigen Gedenkveranstaltungen zum 70. Jahrestag der Novemberpogrome, bei denen in der Nacht auf 10. November alleine in Österreich 30 Juden getötet und 7.800 verhaftet worden waren, hätten "praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit" stattgefunden, so Rath. Außerdem habe die Bundesregierung die Gedenkfeiern in Wien nicht mitgetragen, "fast niemand" habe an den Veranstaltungen teilgenommen. "Die Gründung der ersten Republik ist viel größer gefeiert worden - und das im Gedenkjahr!" Österreich habe viel zu spät begonnen, sich überhaupt mit dem Holocaust auseinanderzusetzen und habe noch "sehr viel daran zu arbeiten", meinte Rath.

Biografie

Ari Rath wurde 1925 in Wien geboren und wuchs im neunten Bezirk auf. Acht Monate nach dem Anschluss 1938 konnte er im Alter von 13 Jahren mit seinem Bruder nach Palästina flüchten. Er studierte Zeitgeschichte und Volkswirtschaft in Jerusalem, später wurde er Politikjournalist und Chefredakteur der englischsprachigen Zeitung "The Jerusalem Post". Auch heute noch ist er als freier Journalist in Jerusalem tätig. (APA)