Grüne Mission mit Lizenz zum Töten: Reeves besucht den blauen Planeten als besorgter Alien.
Wien - Feedback von irgendjemandem da weit draußen kann auch die Erde hin und wieder gut gebrauchen. Der Tag, an dem die Erde stillstand, erstmals 1951 von Robert Wise verfilmt, ist unter den Sciencefictionfilm-Klassikern sicher einer der messianischeren. Ein Außerirdischer namens Klaatu landet in der ersten Version staatstragend in Washington, um den Völkern der Welt eine Botschaft des Friedens zu überbringen. Niemand aber will sie so recht hören. Die Vereinigten Staaten verhalten sich gegenüber Fremden, die mit fliegenden Untertassen und mächtigen Riesenrobotern anrücken, wenig gastfreundlich.
Robert Wises Film trägt deutliche Spuren des Kalten Krieges. Die USA sind gerade dabei, das aufzubauen, was einmal der militärisch-industrielle Komplex genannt werden wird. Auch die Medien sind bereits omnipräsent, sie beten dem Volk ihre ressentimentgeladenen Meinungen vor. In einer der schönsten Szenen des Films sitzt Klaatu (Michael Rennie) unerkannt am Frühstückstisch einer Pension und hört den Menschen dabei zu, wie sie sich von der Angst und der Paranoia der Zeitungen anstecken lassen. Der Alien funktioniert wie eine Lupe, welche die Sensibilitäten noch deutlicher zum Vorschein bringt. Das Eigene, nicht das Fremde, wirkt dann umso erschreckender.
Solche raffinierten Verschiebungen wird man im Remake von Scott Derrickson (The Exorcism of Emily Rose) vergeblich suchen. Dabei scheint der Film anfangs durchaus im Takt mit dem Original zu sein. Statt aus einem UFO steigt Klaatu aus einer Kugel, die wie eine Lavalampe wabert - und nunmehr im New Yorker Central Park für rege Aufmerksamkeit sorgt. Wieder löst sich ein Schuss, wieder ist es ein - natürlich viel imposanterer - Roboter namens Gort, der alle menschlichen Waffen deaktiviert und damit die Panik nur noch verstärkt.
Aus Klaatus Wunsch, in der UNO sein Anliegen zu präsentieren, wird auch diesmal nichts. Deshalb weiß man nicht gleich, in welcher Mission der Alien eigentlich gekommen ist. Keanu Reeves Klaatu wirkt so auch ein wenig mysteriöser als sein Vorgänger - mit seinem schon charakteristisch geringen Aufwand erschafft der US-Star eine esoterische Aura um seine Figur, in der man alles oder nichts erkennen kann. Er sei ein Freund der Erde, sagt er einmal; was dies im Umkehrschluss bedeutet, ist nicht allen sofort klar. Nur die US-Verteidigungsministerin (Kathy Bates), eine weibliche Variante von Dick Cheney, begreift recht schnell, dass sie eindeutig der primitiveren Rasse angehört.
Klima statt Politik
Die markanteste Veränderung des Films liegt aber nicht darin, dass er eine politische Losung gegen eine ökologische austauscht. Das mag Der Tag, an dem die Erde stillstand in die Nähe von Klimakatastrophenfilmen wie The Day After Tomorrow stellen, gibt aber aus der vordergründigen Al-Gore-geprüften Botschaft wenig her. Scarpas Drehbuch und Derricksons Regie sind vor allem eines: ideenarm. Indem sie die Figur von Helen Benson (Jennifer Connelly) aufwerten und die Witwe auch zur beherzten Wissenschafterin machen, schränken sie Klaatus Status als Beobachter ein. Der ganze Witz des Films, von einem Nachbarn aus dem All auf eigene Unzulänglichkeiten hingewiesen zu werden, geht über weite Strecken verloren.
Stattdessen wird zum x-ten Mal alles in Stellung gebracht, um eine Kleinfamilie zu retten: jenen Keim der Gesellschaft, der auch Klaatus kühles Herz zum Erweichen bringt - und computergenerierte, biblisch anmutende Heuschrecken zum Erlahmen. Der Mensch entwickle sich erst angesichts des eigenen Untergangs weiter, lautet dieses Mal die optimistische Devise. Da war Robert Wise 1951 schon skeptischer: Er ließ Roboter wie Gort als intergalaktische Polizeimacht dafür sorgen, dass niemand mit Atomwaffen spielt. Aber das ist eine andere Geschichte. (Dominik Kamalzadeh / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.12.2008)