Tokio - Die Weltwirtschaftskrise trifft Japan immer härter. Regierungschef Taro Aso gab am Freitag ein weiteres Notprogramm über 23 Bill. Yen (191 Mrd. Euro) für Beschäftigungsmaßnahmen und zur Linderung der Kreditkrise bekannt. Die Regierung warnte vor einer Verschärfung der Rezession und befürchtet für nächstes Jahr gar ein mögliches Abgleiten in eine Deflation. Die Stimmung unter den Verbrauchern sackte im November angesichts der um sich greifenden Angst vor Arbeitslosigkeit auf ein Rekordtief. Die globale Krise steht an diesem Samstag auch im Mittelpunkt eines Gipfeltreffens zwischen Japan, China und Südkorea in der japanischen Stadt Fukuoka.
Mit einer Bill. Yen aus dem neuen Notpaket will Japan insbesondere Zeitarbeitern helfen, die ihren Job und zugleich auch ihre Bleibe verloren haben. Immer mehr der von der Krise besonders betroffenen Zeitarbeiter in Japan verlieren mit ihrer Arbeit auch ihre Unterkünfte, die von ihren vormaligen Arbeitgebern bereitgestellt worden waren. In der zweitgrößten Wirtschaftsnation der Welt ist jeder dritte Arbeitsplatz nur noch zeitlich befristet. Nach einer Untersuchung des Arbeitsministeriums verlieren landesweit etwa 30.000 Leiharbeiter in den nächsten sechs Monaten ihren Arbeitsplatz, indem ihre Verträge entweder nicht mehr verlängert oder vorzeitig gekündigt werden.
Das neue Notpaket, das 13 Bill. Yen für Maßnahmen gegen die Kreditkrise beinhaltet, sieht ferner eine Anhebung der Obergrenze für öffentliche Finanzspritzen für Banken von 2 auf 12 Bill. Yen vor. Hierzu verabschiedete das Parlament am Freitag ein neu aufgelegtes Rekapitalisierungsgesetz. Dadurch sollen besonders die unter Druck geratenen Regionalbanken dazu gebracht werden, kleinere und mittlere Firmen wieder mit Liquidität zu versorgen. Japan erlebt in diesem Jahr die größte Pleitewelle seit den 60er Jahren. Vor allem im Immobiliensektor ist es zu vielen Zusammenbrüchen gekommen.
Regierungschef Aso wird am Samstag mit seinem chinesischen Amtskollegen Wen Jiabao und dem südkoreanischen Präsidenten Lee Myung Bak in Fukuoka über die Finanzkrise sprechen. Laut Medien wollen sie in einer gemeinsamen Erklärung unter anderem eine Ausweitung des Rahmens für Währungsswaps durch ihre drei Länder ankündigen. Zudem sei die Aufnahme jährlicher Treffen ihrer Notenbankchefs vorgesehen.
Das einstweilige Scheitern des Rettungsplans für die US-Autobranche und der rasante Anstieg des Yen ließen Tokios Börse am Freitag einbrechen; der Nikkei-Index stürzte um 5,56 Prozent auf 8235,87 Punkte. Der steigende Yen macht Japans Exporteuren, die ohnehin unter der sinkenden Nachfrage leiden, schwer zu schaffen. Unternehmen wie Toyota und Sony drosseln ihre Produktion und Investitionen und mussten ihre Ertragsprognosen zusammenstreichen.
Sharp mit Sorgen
Am Freitag kündigte auch der Elektronikkonzern Sharp wegen der sinkenden Nachfrage für Handys und PCs den Stopp von Fließbändern für LCD-Bildschirme in zwei heimischen Werken an. Etwa 380 Zeitarbeiter müssen gehen. Die Zentralregierung will den Provinzen jetzt eine weitere Bill. Yen für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen bereitstellen.
Der japanische Ford-Partner Mazda fährt wegen der Krise die Produktion in Japan noch stärker zurück als geplant. Wie der Autobauer am Freitag bekanntgab, wird die Fertigung bis zum Ende des laufenden Geschäftsjahres (31. März) um zusätzlich mehr als 100.000 Autos gedrosselt. Damit sinkt die Produktion wegen der globalen Wirtschaftskrise in diesem Jahr um mehr als 148.000 Einheiten. Insgesamt drosselt die japanische Autobranche in diesem Jahr ihre Produktion um rund zwei Mio. Autos. Wie Mazda weiter mitteilte, müssen außerdem weitere 300 Zeitarbeiter im nächsten Monat gehen.
Derweil kündigte auch der japanische Elektronikkonzern Sharp wegen der sinkenden Nachfrage bei Mobiltelefonen und Personalcomputern den Stopp von Fließbändern für LCD-Bildschirme in zwei heimischen Werken an. Etwa 380 Zeitarbeiter verlieren ihren Job, hieß es weiter. Auch Mazda lässt am 25. und 26. Dezember die Fließbänder in seinen Fabriken in Ujina and Hofu stehen und verzichtet im Jänner auf Nachtarbeit.
Auch andere japanische Konzerne wie Toyota oder Sony leiden unter der Krise, kürzen die Investitionen, drosseln die Produktion, trennen sich von Mitarbeitern und streichen ihre Ertragsprognosen zusammen. So gab Sony kürzlich den Abbau von weltweit 16.000 Stellen bekannt. (APA/dpa)