Weihnachtsmänner Christoph Maria Herbst und Bastian Pastewka in Pose.

Foto: Sat.1

STANDARD: Bei den Weihnachtsmännern fehlt die Tortenschlacht. Warum?

Pastewka: Gute Frage. Es tritt auch niemand auf eine Harke und es platzt nichts. Ein paar Slapstick-Klassiker haben wir scheinbar vergessen.

STANDARD:
Als tapsiger Pechvogel Hilmar erfreuen Sie in "Zwei Weihnachtsmänner" wieder mit beeindruckendem Mimenspiel. Üben Sie vor dem Spiegel?

Pastewka: Ich übe tatsächlich, natürlich nicht sämtliche Blicke oder Gesten, denn das würde irgendwann mechanisch wirken. Speziell die langen Sequenzen unserer Figuren Tilmann und Hilmar haben Christoph Maria Herbst und ich mit unserem Regisseur Tobi Baumann sehr intensiv geprobt, bevor der erste Drehtag begann. Zudem trage ich ja im Film eine ungewöhnliche Langhaarperücke und ich wollte kontrollieren, ob die langen Haare mit meinen Blicken korrespondieren oder ein Fremdkörper sind. Ich wollte schon wissen, wie die Kopfstellung eines Mannes ist, der eine Frisur hat. Ein erster Ansatz war: Hilmar ist viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als dass er Zeit hätte, sich um sein Äußeres zu kümmern.

STANDARD: Gibt es eine Lieblingsgrimasse? Kopfwackeln, zitternde Mundwinkel, Augenrollen?

Pastewka:
Eine Grimasse ist eine kurze Entgleisung oder eine übertriebene Haltung, der Karikatur sich nähernd. So sehe ich meine Komik nicht. Aber wenn es einen Lieblingsgesichtsausdruck gibt, dann fühle ich mich mit leicht entrücktem Blick, der aber auch sehr viel Gelassenheit zeigt, am wohlsten.

STANDARD:
Wie eignen Sie sich eine Figur an?

Pastewka: Bei Hilmar stellte ich mir vor, was er im Fernsehen schaut.

STANDARD: Und?

Pastewka: Sicher Richtershows und Kriminalfakedokus. Aber ihm ist klar, dass das ein großer Spaß ist. Dann gefallen ihm Ratgebersendungen, wo er lernt, mit welchem Vierkantschlüssel er am besten Schrauben wechselt. und er liebt die "Final Destination"-Filme. Das weiß natürlich niemand außer mir.

STANDARD:
Die halsbrecherische Abfahrt im Schlauchboot hätten auch "Tom und Jerry" machen können. Wie prägend waren Comics für Ihre Komik?

Pastewka:
Ich habe als Kind Micky-Maus-Hefte verschlungen. So eine Schlauchbootfahrt gibt es ganz sicher auch irgendwo mit Donald und Dagobert Duck und den Panzerknackern. Ich bin ein großer Freund von Animationsfilmen, zuletzt habe ich sogar bei "Madagaskar 2" mitsprechen dürfen. Bei genauer Betrachtung dieser Filmgattung kann man unheimlich viel über Timing, Schnelligkeit und wie man Pointen setzt lernen.

STANDARD: Spielen Sie beim Synchronisieren mit?

Pastewka: Ich glaube schon. Ich mache wahrscheinlich alles nach, was die Figur gerade tut und stelle mich bis zum nicht hörbaren Augenklimpern in Pose. Wenn das mit Kamera für ein "Making of" aufgenommen wird, kann ich diese Bilder allerdings nur schwer ertragen.

STANDARD:
Und sonst? Wie ist es, wenn Sie sich selbst im Film sehen?

Pastewka:
Es ist mir immer unangenehm. Das klingt nach Koketterie, aber es ist wahr. Ich schaue sie mir an, um zu kontrollieren, wie das Ergebnis ist: Ob das Zusammenspiel gelungen ist und die Kamera das richtige eingefangen hat. Aber ich bin weit davon entfernt, mir im Schneideraum auf die Schulter zu klopfen und zu sagen: Alter, da warst du aber richtig gut.

STANDARD: Besonders der erste Teil ist eine Freak-Odyssee. Der Irrgarten im Leben funktioniert als Komödienthema immer?

Pastewka: Ich hoffe es, obwohl ich anfangs Schwierigkeiten mit der Ausgangssituation des Drehbuchs hatte. Schneechaos gibt es in Deutschland doch eher im April als im Dezember, umso mehr freut mich der momentane Wintereinbruch.

STANDARD: Auch die Finanzkrise kam rechtzeitig: Der arme Schlucker ist optimistisch und tolerant, Gegenspieler Christoph Maria Herbst mimt den pessimistischen Geldsack.

Pastewka: Richtig. Aber Tommy Jaud hat das Drehbuch bereits 2006 geschrieben und hat nicht ahnen können, wie aktuell sein Stoff bei der Ausstrahlung sein würde. Ich warne aber eindringlich vor Überinterpretation. Der Film ist eine Komödie und will in erster Linie unterhalten. Jeder darf sich seine eigene Botschaft aus dem Film ableiten, wenn das jedoch niemand tut, ist es auch in Ordnung.

STANDARD: Vom Sparen direkt betroffen ist Sat.1. Spüren Sie neue finanzielle Zwänge?

Pastewka: Die Kölner TV-Produktionsfirma Brainpool, mit der ich seit Jahren alle meine Shows und Serien realisiere, ist ja gewissermaßen als Puffer dazwischen. Ich habe mit Sat.1 immer sehr konstruktiv und unaufgeregt zusammengearbeitet. Umso mehr tut es mir leid, dass es ausgerechnet diesen Sender trifft und die Mitarbeiter aufgrund von Sparplänen, die sie selber wahrscheinlich gar nicht hundertprozentig durchschauen, nach München umziehen müssen.

STANDARD:
Wie beurteilen Sie als Vielseher das gegenwärtige TV-Programm?

Pastewka: Ich schaue viel, aber ich suche akribisch aus und programmiere meinen Festplattenrekorder. Irgendwann komme ich heim, und der Rekorder meldet: "Sie haben 46 neue Sendungen". Dann freue ich mich, schneide die Werbung raus, ordne Dateien und werde auf diese Weise mein eigener Programmdirektor. 

STANDARD: Was freut da?

Pastewka: Die Amerikaner machen momentan das beste Fernsehen. "Six Feet Under", "Lost" oder "24" erzählen ihre Geschichten so clever, dass das Dranbleiben belohnt wird. Die tolle Schauspielerin Glenn Close kannte ich bislang nur aus dem Kino. Ich habe sie aber selten so gut gesehen wie in "The Shield" und "Damages". Leider waren beide Serien in Deutschland keine Überflieger. Auch "Six Feet Under" wurde nur im Nachtprogramm gesendet. Zudem trug die Reihe den Stempel "Familienserie" und das klingt immer erstmal nach "Schwarzwaldklinik" oder "Die Wicherts von nebenan". In Wahrheit ist "Six Feet Under" jedoch eine hochdramatische, unkonventionelle und ehrliche Geschichte. Kein Kitsch, keine Rührseligkeit. Ein Traum für jeden Schauspieler.

STANDARD:
Haben Sie bei der letzten Folge geweint?

Pastewka: Ich gebe zu, ich habe geheult wie ein Schlosshund.

STANDARD: Ihr liebster Weihnachtsfilm?

Pastewka: Ich bleibe zu Weihnachten gerne bei den Miss-Marple-Filmen hängen und irgendwo läuft sicher wieder Loriots "Weihnachten bei HoppenstedtS". Dann jubele ich laut wenn der Satz fällt: "Früher war mehr Lametta". (Doris Priesching, DER STANDARD; Printausgabe, 13./14.10.2008, Langfassung)