Zeichnung eines Kindes, das Krieg und Folter überlebt hat: Die Bilder kehren immer wieder

Foto: Hemayat

Dass Menschen gefoltert werden, ist Tatsache. Dass sie das Recht haben, in anderen Ländern Zuflucht zu finden, ebenso.

Wiederkehrende Bilder

Wenn ein Tschetschene im Lager Traiskirchen nie zur Essensausgabe geht, weil er in den anwesenden BeamtInnen seine Folterknechte zu erkennen glaubt, wenn eine Somalierin vor Schreck erstarrt, weil der Mann in der Straßenbahn ihrem Vergewaltiger ähnlich sieht, dann steht fest: Ohne therapeutische Maßnahmen ist für Folterüberlebende das tägliche Leben kaum zu bewältigen.

So ist es nur logisch, dass für diese Menschen "Integration ohne Therapie unmöglich" ist, wie der Verein Hemayat, in Österreich der primäre Anbieter kostenloser Psychotherapie für Kriegs- und Folterüberlebende, es formuliert. Doch mit dieser Auffassung steht Hemayat wohl allein da: Nachdem der Fonds Soziales Wien (FSW) dem Verein die Förderung gestrichen hat, können keine neuen Therapieplätze mehr vergeben werden. Auch der Weiterbestand des Vereins selbst sei bedroht, da es an Basisfinanzierungen fehle, warnt Martin Schenk, Vorstandsmitglied von Hemayat.

Keine Angst vor Gewalttaten

Es werde "grob unterschätzt", welche Bedeutung therapeutische Hilfe für die Integration von Folterüberlebenden in Österreich habe, sagt Schenk. Er meint damit nicht, dass schwerst traumatisierte TschetschenInnen, IranerInnen oder AfghanInnen ohne Therapie zu GewalttäterInnen würden, wie das oft kolportiert wird. "Dass Folterüberlebende gewalttätig werden, kommt eher selten vor", erklärt Bibiane Ledebur, Psychotherapeutin bei Hemayat. Die Integrationshemmnisse liegen anderswo: Wer extrem traumatisiert ist, könne weder Deutsch lernen, noch einer geregelten Arbeit nachgehen, noch soziale Kontakte knüpfen. "Das wird bei den Zuwanderern aber immer gefordert", so Cecilia Heiss, Geschäftsführerin von Hemayat.

Österreich zu lasch

Dass Folterüberlebenden bei der Bewältigung ihrer Qualen geholfen werden muss, fordern nicht nur NGOs, sondern auch das Gesetz: Die UN-Folterkonvention verlangt den Mitgliedsstaaten ab, die Rehabilitation von Folterüberlebenden zu sichern. "Österreich kommt dieser Verpflichtung nicht nach", kritisiert Schenk.

"Jährliches Bittstellen"

Der FSW strich seine Förderung von vormals 40.000 Euro mit dem Hinweis, das Innenministerium werde diesen Teil übernehmen, woraufhin der Bund, ohnehin schon Hauptsponsor, sich für unzuständig erklärte. Das "Florianiprinzip der Finanzierung" müsse ein Ende haben, fordert Schenk: Nicht nur die Innenministerin, sondern auch der Gesundheitsminister und die Länder sollten im Verbund für eine angemessene Basisfinanzierung sorgen. Denn zurzeit gebe es keine Sicherheit, sondern nur "jährliches Bittstellen" in der Hoffnung auf finanzielle Gnadenakte - laut Schenk ein deutlicher Widerspruch zu den politikerseits geäußerten "salbungsvollen Worten zum Tag der Menschenrechte". (Maria Sterkl, derStandard.at, 12.12.2008)