Crossfield's

Maysedergasse 5
A-1010 Wien
Tel.: ++43/1/24 100 – 0
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crossfield@cafe-wien.at

Foto: fid

Florian Holzer stellte mich vor die Wahl zwischen authentischen Italienern und ausgefranstem Essen, als er mir einen Beitrag für "Wien, wie es isst 2009" (Falter Verlag, soeben erschienen) anbot. Sie ahnen, wofür ich mich entschieden habe? Nicht, dass etwa ein besonderes Faible für ausgefallene Speisen hätte, wie kommen Sie darauf? Aber mit meinen paar Tausend Kilometern durch noch lange nicht ganz Italien maße ich mir einfach nicht an, die Authentizität italienischer Lokale zu bewerten.

Qualle und Schweineohren

"okay, dann die strange abteilung, super!", schrieb Herr Holzer: "lass uns mal überlegen, was es da in wien so gäbe ... also ich hatte mal heuschrecken, darm, qualle, bruckfleisch, schweineohren. phönix-krallen hab ich noch nie probiert, du sicher schon." Genau. Aber wenn ich schon ein Plätzchen in "Wien, wie es isst" eingeräumt bekomme, futtere ich sie gern noch einmal, ziemlich bleich allerdings in diesem Fall. Zudem Schweinsohren, hauchdünn geschnitten und crunchy, mit ordentlich geknofelter Sauce, wenn ich mich recht entsinne. Und dann, ja, ich geb's zu: Suppentopf mit Froschschenkeln. Anabolische Schenkel, muss man sagen, die Tierchen waren mutmaßlich Kraftdreikämpfer mit Schwerpunkt Kniebeugen. Alles aus der Liounge in der Gumpendorfer Straße.

Qualle hatte ich auch schon durch (sehr fein zum Beispiel: der Salat daraus im Saigon), Bruckfleisch und dergleichen sowieso, Darm weniger als diverse Mägen, aber gut. Aber Heuschrecken? Blöderweise hab ich vor einiger Zeit eine Einladung ausgeschlagen zu einem Insektenessen von Peter Iwaniewicz, von dem ich aber immerhin eine eine Wortspende zum Thema aus einer seiner "Falter"-Kolumnen bekam: "Viele Menschen in der westlichen Welt halten Insekten für eine kulinarische Kuriosität. In anderen Teilen der Welt sind diese Tiere jedoch als Nahrung beliebt, weil sie in diesen Ländern leicht verfügbar sind, einen hohen Nährwert haben und durchaus lecker schmecken können. Manche Insektenarten haben mehr Kalorien, Vitamine und Mineralien (Eisen!) bieten als Sojabohnen oder Fleisch. Bei uns sind hingegen bei industrieller Verarbeitung nur maximal 40 Blattläuse pro 100 Gramm Blattsalat erlaubt."

Schrecke mit Ketchup

Und wie schmecken sie nun? "Wie man sie würzt", bilanzierte eine Kosterin ihren Besuch bei Iwaniewicz (der die Viecher übrigens im Heimtierbedarf ersteht) eher trocken. Trocken, aber treffend, stellte ich im Crossfield fest, das neben Känguruh und Krokodil auch Heuschrecken auf der Karte führt. Den Kellner erinnert der Geschmack an Popcorn, mir entgeht auch diese Nuance. Und gewürzt sind sie praktisch gar nicht. Acht dieser Tierchen stecken aufrecht in Zweier- und Dreiergruppen in kleinen Häufchen Erdäpfelpüree, das ich auch schon deutlich schmackhafter bekommen hab, auf den Püreeklumpen noch jeweils ein bisschen Tomatenketchup aus dem Regal, mutmaßlich, um dem ganzen zumindest eine Farbe und einen Geschmack zu geben. Richard Lugner tät's vielleicht gefallen, und er hätte eine einweißreiche, aber deutlich billigere Alternative zu seinen Austern mit Ketchup. Das Crossfield verrechnet knappe 9 Euro dafür.

Die Tiere werden laut Kellner tiefgekühlt aus Australien importiert und nicht etwa aus Küchen von Schwesterbetrieben angeliefert. Sie erweisen sich als bissfest, aber unerwartet uncrunchy, und schmecken praktisch nach nichts, sieht man vom Ketchup ab. Wieder was erledigt.