Psychotherapeut und Berater Mario Patera hat den Führungspersönlichkeiten bei ihrer Krisenarbeit zugesehen und daraus zehn große, gängige Fehler aus neurobiologischer Sicht destilliert.

Den Mitarbeitern nach Kräften misstrauen

Die neurobiologischen Erkenntnisse Gerald Hüthers belegen, dass Menschen nur zwei Grundbedürfnisse haben: Verbundenheit und Wachstum. Das Gehirn will gelingende Beziehungen. Wer das im Unternehmen nicht fördert, arbeitet gegen Grundbedürfnisse jedes Menschen. Vertrauen ist dabei die zentrale Ressource - nicht als Gegengeschäft, sondern als Vorleistung.

Das Feedback reduzieren auf "Nichts gesagt ist genug gelobt"

Abwertung ist Gift für das Gehirn, zwingt es in den Rückzug, in die Abwehr. Wahrgenommen zu werden ist die Eintrittskarte für den Selbstwert, Wertschätzung somit jene für Wertschöpfung.

Die Leute um ihr "Leiberl" rennen lassen und Drohszenarien aufbauen

Drohen blockiert das Gehirn, ruft die Stammhirnfunktionen (Flucht, Kampf, Totstellen) auf. Menschen sind dann nicht mehr ansprechbar.

Nach Kräften beschleunigen und Zuhören als reine Zeitverschwendung betrachten

Das eliminiert alle positiven Energien, weil die zentrale Motivation, also Achtsamkeit, Empathie, Zeit brauchen. Beschleunigung nimmt die guten Ressourcen heraus. Gerade die Krise braucht eine Kultur des Zuhörens. Speed kills.

Außenperspektiven ausblenden

Das Gehirn ist ausschließlich durch Erfahrungen geprägt. Die meisten Menschen legen ihr Gehirn nach dem Prinzip "Autobahn" an - Handlungen werden dann immer so inszeniert, dass dieselbe Autobahn gefahren werden kann, die alte Straße ihre Bestätigung findet. Das verunmöglicht neue Verschaltungen, Wachstum.

Sprunghaftes Verhalten an den Tag legen und dieses mit der Krise rechtfertigen

Glaubwürdigkeit braucht Berechenbarkeit. Das Gehirn merkt sofort, was authentisch ist und was nicht. Unauthentisches Verhalten erzeugt Unwohlsein, erzeugt Rückzug.

Das volle militärische Sprachprogramm hervorholen, denn es herrscht ja "Krieg"

Das Bauprinzip des Gehirns lautet "Kooperation". Militärische Führer rufen das Gegenbild auf, lösen Rückzug aus

Sachlich bleiben

Aus neurobiologischer Sicht ist die künstliche Trennung von Körper und Geist/Seele nichts anderes als ein irriges Sozialisationsprodukt. Eine Unterdrückung von Gefühlen und die Trennung zwischen Denken und Fühlen ist schlicht unsinnig. Das Gehirn "denkt" in Emotionen.

Mit klaren Appellen arbeiten, besonders bei Dingen, die nicht sein sollen

Appelle wirken nicht, außer bei dem, der sie ausspricht. Das Unbewusste folgt nicht der Negation. Weil das Gehirn in Bildern denkt und Bilder sehen will, funktioniert lediglich Vorbildlernen. (Karin Bauer/DER STANDARD; Printausgabe, 13./14.12.2008)