New York/Belgrad - Der Chefankläger des Haager Tribunals für Kriegsverbrecher im einstigen Jugoslawien (ICTY), Serge Brammertz, hat die Zusammenarbeit Serbiens mit dem Gerichtshof in Den Haag am Freitag weitgehend positiv bewertet. Die Kooperation müsse jedoch weitergehen. "Serbiens Kooperation mit dem Tribunal hat sich deutlich verbessert," sagte Brammertz vor dem UNO-Sicherheitsrat, dem der kroatische Botschafter Neven Jurica vorsitzt.

Belgrad habe in der Berichtsperiode von Juni bis Ende November den Zugang zu den Archiven erlaubt und die Übergabe von Dokumenten sei besser geworden. Bei der Aushändigung prozessrelevanter Dokumente habe die zuständige serbische Behörde eine Schlüsselrolle gespielt, sagte Brammertz weiter. Doch er rief Belgrad zur weiteren Kooperation bei der Sicherstellung wichtiger Dokumente vor, die aus den Archiven verschwunden, aber von kritischer Bedeutung seien.

Ferner bemühe sich das Tribunal um Zugang zu bestimmten militärischen Dokumenten im Zusammenhang mit dem Prozess gegen Momcilo Perisic. Das Tribunal habe in diesem Fall Serbien aufgefordert, einen Bericht über den Verbleib der fehlenden Dokumente anzufertigen. Serbien sei dieser Aufforderung nachgekommen und das Tribunal sei dabei, den Inhalt zu prüfen.

Was die Verhaftung des ehemaligen Militärchefs der bosnischen Serben Ratko Mladic und des früheren Führers der kroatischen Serben Goran Hadzic betrifft, hätten die zuständigen serbischen Stellen ihre Bemühungen beschleunigt, sagte Brammertz. Planung und Koordinierung zwischen den verschiedenen Sicherheitsdiensten habe sich gebessert und die Behörden machten größere Anstrengungen, Mladic und Hadzic zu fassen. Zur Zeit fänden Strafprozesse gegen 26 Personen in sieben Verfahren statt. Die Verhaftung von Mladic und Hadzic sei jedoch oberste Priorität.

Die Niederlande, die sich gegen eine Umsetzung des EU-Annäherungsabkommens mit Serbien querlegen, waren am Freitag weiterhin nicht von der vollen Kooperation Serbiens mit dem Haager Tribunal überzeugt. Eine vollständige Zusammenarbeit würde am besten durch die Festnahme Mladics bezeugt werden, zitierte die Nachrichtenagentur Tanjug den niederländischen Außenminister Maxim Verhagen am Freitag.

Kritisch äußerte sich Brammertz vor dem Weltsicherheitsrat über die Zusammenarbeit Kroatiens mit dem Tribunal. Zwar seien die Behörden in den meisten Fällen hilfsbereit gewesen, doch im Fall des kroatischen Ex-Generals Ante Gotovina hätte sie den Zugang zu Schlüsseldokumenten und Archiven nicht zugelassen. Nach gescheiterten Versuchen seitens des Tribunals während der letzten eineinhalb Jahren, an diese Dokumente heranzukommen, habe das Tribunal Kroatien aufgefordert, in einem detaillierten Bericht die bisherigen Bemühungen bei der Beschaffung der angeforderten Dokumente darzulegen.

Kroatien sei dieser Aufforderung inzwischen nachgekommen und habe zusätzliche vom Tribunal angeforderte Dokumente geschickt, so Brammertz weiter. Zur Stunde fehlten jedoch wichtige militärische Dokumente, sodass weitere Maßnahmen ergriffen werden müssten. "Es ist dringend notwendig, dass die angeforderten Schlüsseldokumente sofort geliefert werden", sagte Brammertz.

Sorge über Einschüchterung von Zeugen


Brammertz drückte auch seine Besorgnis über die Einschüchterungen von Zeugen aus. Ohne ein Land namentlich zu nennen, sagte er, dies beeinträchtige die Arbeit des Tribunal. Er habe die Heimatstaaten der Zeugen deswegen aufgefordert, mit dem Tribunal in dieser Angelegenheit zusammenzuarbeiten. Es sei wichtig, ein Klima zu schaffen, das Zeugenaussagen ermöglicht und Zeugen, die willens sind vor dem Tribunal auszusagen, die notwendigen Garantien zu verschaffen, sagte er.

Der UNO-Chefankläger lobte Bosnien-Herzegowina für dessen anhaltende Bereitschaft, dem Tribunal Zugang zu Regierungsarchiven zu ermöglichen und angeforderte Dokumente auszuhändigen. Mehr müsse Bosnien-Herzegowina allerdings bei der strafrechtlichen Verfolgung der Personen tun, die flüchtigen mutmaßlichen Kriegsverbrechern helfen würden, der Justiz zu entkommen.
(APA)