Doris Bures verwaltet Werner Faymanns schweres Erbe mit Milliardenschulden und -Förderungen.

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STANDARD: Im Forschungsbudget fehlen plötzlich Millionen, die im Juli noch fix waren. Haben Sie, als Sie bei den Koalitionsverhandlungen über den Tisch gezogen wurden, die Reibungshitze mit der Nestwärme verwechselt?

Bures: (lacht) Regierungsverhandlungen haben nichts mit Nestwärme zu tun, es geht auch nicht darum, den anderen über den Tisch zu ziehen. Es geht darum, eine Problemanalyse zu machen und dann gemeinsame Lösungsansätze zu finden und erstmals eine Planung für fünf Jahre zu machen. In diesem Geist haben die Verhandlungen stattgefunden. Was die Forschungsmittel betrifft, ist das Ziel ganz klar, bis 2010 drei Prozent Forschungsquote zu erreichen.

STANDARD: Die erreichen Sie sofort und automatisch, weil das Wirtschaftswachstum zusammenbricht.

Bures: Nein, die erreichen wir nicht sofort. Im Budgetpfad auf Basis 2008 muss es ein massives Mehr an Ausgaben für Forschung und Entwicklung geben, kein Einfrieren.

STANDARD: Aber was ist passiert? Im Budgetpfad sind nur 100 statt 250 Millionen vorgesehen.

Bures: Es ist noch gar nichts passiert. Wir verhandeln ja noch gar nicht. Im Regierungsübereinkommen steht klar, dass neben dem Budgetpfad, der massive Erhöhungen vorsieht, zusätzliche Mittel notwendig sind. Im Finanzministerium sagen sie, sie rechnen daran. Und darüber hinaus, also zusätzlich, kommt das Konjunkturpaket, also je 50 Millionen Euro 2009 und 2010 plus in der gesamten Legislaturperiode 2009 bis 2013 noch einmal 50 pro Jahr. Bei zuletzt 460 Millionen jährlich für die angewandte Forschung, für die ich zuständig bin, entspricht das einer Steigerung von jährlich fünf bis acht Prozent. Die sind sehr, sehr wichtig, weil Innovation ein absoluter Wachstumsbereich ist.

STANDARD: Im Finanzministerium erinnert sich niemand an die 250 Millionen für 2009. Ihrem Ressort fehlten dadurch gut 50 Millionen ...

Bures: Noch einmal, die 50 Millionen sind nicht statt, sondern zusätzlich zu den 100 Millionen. Es ist undenkbar, dass Mittel für Forschung 2009 eingefroren werden. Ich gehe in die Budgetverhandlungen nicht nur mit den vereinbarten je 100 Millionen Euro mehr für 2009 und 2010 hinein, sondern mit einem Plus.

STANDARD: Sie sollen nicht amüsiert gewesen sein über die Kritik des Forschungsrats ... Was stört Sie, wenn Experten "Alarm" schreien?

Bures: Das stört mich gar nicht. Im Gegenteil, es ist ganz wichtig, dass auch er darauf hinweist, dass Investitionen in Forschung und Entwicklung wichtig sind.

STANDARD: Apropos Finanzierung. Das ÖBB-Bauprogramm ist aufgrund massiver Kostensteigerungen wertlos. Sie werden Milliardenprojekte streichen müssen, sonst kollabiert die ÖBB. Was streichen Sie?

Bures: Ja, der Rahmenplan ist von wirtschaftlichen Faktoren abhängig. Aber entscheidend ist, dass die Finanzierung sichergestellt ist. Weil wir die Investitionen für Wachstum und Beschäftigung brauchen. Außerdem soll das Angebot für die Fahrgäste extrem verbessert und mehr Güter auf die Schiene verlagert werden.

STANDARD: Dann sollten Sie Güterterminals, Pyhrn- und Westbahn ausbauen, Reisezüge kaufen. Das würde der ÖBB, im Gegensatz zum Koralmtunnel, Ertrag bringen ...

Bures: Wir investieren in die Bahn so viel wie noch nie in der zweiten Republik. Und zwar dort, wo wir die größten Beschäftigungseffekte haben, also in Bahnhöfe, Strecken, Züge. Bei der Koralmbahn geht es nicht nur um den Tunnel, sondern um die gesamte Strecke.

STANDARD: Wenn Sie nichts streichen, müssen Sie irgendwo einen Geldsack haben für höhere Zuschüsse an die Bahn. Wo ist der?

Bures: Ich verstehe nicht, warum Sie ein Katastrophenszenario zeichnen für die ÖBB. Wir haben ein riesiges Beschäftigungsprogramm. Die Bahn hat auch eine volkswirtschaftliche Funktion. Würde es nur um die Wirtschaftlichkeit gehen, müsste ich den Ticketpreis verzehnfachen.

STANDARD: Durch Bau allein werden unrentable Züge nicht rentabel. Sie erhöhen die gemeinwirtschaftlichen Leistungen aber nicht. Darf die ÖBB ihre Tickets 2009 verteuern?

Bures: Der Preisstopp war richtig, weil wir eine galoppierende Inflation hatten. Grundsätzlich werden die Preise valorisiert. Ich kann und werde jetzt nicht entscheiden, ob die wirtschaftliche Situation 2009 eine Wertanpassung zulässt.

STANDARD: Braucht die Post eigene Postämter? Die ÖVP sagt, Nein, das können auch Greißler machen.

Bures: Es geht darum, effizient, beste Leistungen auch im kleinsten Tal zu erbringen. In welcher Form das geschieht, ist den Leuten letztlich egal, glaub ich.

STANDARD: Es geht also auch ohne klassisches Postamt?

Bures: Niemand, weder Kunden, Beschäftigte noch der Vorstand, kann Interesse haben, dass ein unfinanzierbares System aufrechterhalten wird. Was ich aber massiv kritisiere, ist die Vorgangsweise des Managements in den letzten Wochen. Zusperren ohne Alternative kann kein Zukunftskonzept sein. Das ist unkreativ.

STANDARD: Wer soll das zahlen?

Bures: Ich kann mir dafür einen Fonds vorstellen, in den Anbieter in den Städten als Ausgleich für die Versorgung des ländlichen Raums einzahlen. (Luise Ungerboeck/DER STANDARD, Printausgabe, 13./14.12.2008)